KommentarGrüne Kapitalanlage

Da geht noch viel mehr

Die Assekuranz muss sich von der Illusion verabschieden, alle größeren Risiken auf den Staat oder staatsnahe Vehikel wie die Förderbanken abwälzen zu können.

Da geht noch viel mehr

Klimaneutralität

Da geht
noch viel mehr

Von Thomas List

Die deutschen Versicherer müssen sich mehr ins Zeug legen, um den Wandel zur klimaneutralen Wirtschaft mitzutragen.

Auf satte 1,9 Bill. Euro belaufen sich die Kapitalanlagen der deutschen Versicherer. Damit sind sie eine der größten institutionellen Investorengruppen in Deutschland. Wenn es um die Bereitstellung von Kapital für den Umbau der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität geht, sieht die Bilanz allerdings nicht so glänzend aus. In erneuerbare Energien, also Wind- und Solarenergie, hat die Branche gerade mal 17 Mrd. Euro investiert. Das sind noch nicht mal 1% aller Kapitalanlagen.

In der Zukunft soll es aber viel besser werden mit der Finanzierung der Transition, sagt die Branche jetzt. Zumindest dann, wenn Kommunen, Gesetzgeber und Förderbanken auf die Vorschläge der Assekuranz eingehen. Da ist viel Vernünftiges dabei. Wer kann schon etwas gegen Bürokratieabbau haben, sprich schlankere Prozesse bei der Genehmigung von Projekten? Gleiches gilt für die Digitalisierung, die allerdings in der staatlichen Verwaltung hierzulande in allen Bereichen meilenweit hinter internationalen Standards hinterherhinkt. Da ist Besserung gerade für den Bereich der Transformationsfinanzierung wohl vorläufig nicht zu erwarten.

Liest man sich die Vorschläge des Versicherungsverbandes GDV durch, so beschleicht einen der Verdacht, die Branche möchte Risiken gerne abwälzen – vorzugsweise auf den Staat bzw. die Förderbanken. Die sollen nämlich stärker ins Risiko gehen. Die Versicherer legen das Geld ihrer Kunden an und müssen dabei sicherstellen, dass sie damit langfristig ihre Verpflichtungen erfüllen können, zum Beispiel aus Lebensversicherungen. Da ist es verständlich, dass Versicherer bei neuen, noch nicht erprobten Technologien zurückhaltend sind.

Doch das Managen von Risiken ist Kerngeschäft der Branche. Die Branche muss sich mehr anstrengen, um Objekte für ihre Kapitalanlagen zu finden und die Anlagen so breit streuen, dass sie die Risiken in den Griff bekommt. Dazu gehört auch, in der Politik langfristig verlässliche Rahmenbedingungen einzufordern. Über die erforderlichen Lobbystrukturen, um ihre Anliegen an den richtigen Stellen vorzubringen, verfügt die Versicherungswirtschaft ja. Man sollte sich aber von der Illusion verabschieden, alle größeren Risiken auf den Staat oder staatsnahe Vehikel wie die Förderbanken abwälzen zu können. Es wird nicht funktionieren. Das vorgeschobene Argument kann nicht als Feigenblatt dienen, um die auch von der Assekuranz geforderte Transformation der Wirtschaft zur Klimaneutralität zu verzögern. Auf dem Weg dahin ist bereits zu viel Zeit verstrichen.

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