Grenke

Das Bauernopfer

Jetzt also doch! Nachdem die von der Grenke AG selbst beauftragten Prüfer eine Mängelliste bei Compliance und interner Revision zusammengetragen haben, muss mit Mark Kindermann der zuständige Vorstand den Leasingspezialisten verlassen.

Das Bauernopfer

Jetzt also doch! Nachdem die von der Grenke AG selbst beauftragten Prüfer eine Mängelliste bei Compliance und interner Revision zusammengetragen haben, muss mit Mark Kindermann der zuständige Vorstand den Leasingspezialisten verlassen. Fraser Perring, der mit seiner Investorentruppe Viceroy das Unternehmen in Baden-Baden massiv unter Druck gesetzt hat, kann jubilieren. Sollte er mit der Grenke-Aktie noch short ge­wesen sein, konnte er nach dem gestrigen Börsentag seine Marge abschöpfen. Keine Frage, Perring geht als Sieger aus dem Scharmützel hervor. Und auch wenn Grenke kein zweites Wirecard werden sollte, drohen sonst nur Verlierer übrig zu bleiben.

Da ist der Firmengründer Wolfgang Grenke. Kindermann ist nicht irgendwer im Hause Grenke. Bereits seit 1990 im Unternehmen und seit 2006 Mitglied des Leitungsgremiums ist er einer, den der Firmengründer lange genug kennen müsste, um seine möglichen Schwächen zu kennen. Konnte der Selfmademan also tatsächlich jahrzehntelang seine Governance vernachlässigen, ohne dass ihn so richtig jemand kontrolliert hätte?

Da ist auch Ernst-Moritz Lipp, der als ehemaliges Vorstandsmitglied der Dresdner Bank einen Ruf zu verlieren hat – bringt er doch genügend Expertise mit, um den Aufsichtsrat der Grenke AG erfolgreich zu führen. Ihm dürfte sehr daran gelegen sein, dass die jüngsten Rochaden im Vorstand des Leasingspezialisten eine neue Unternehmenskultur einziehen lassen, die von klaren Strukturen und hoher Transparenz geprägt sein mag.

Und da sind schließlich die Aktionäre, die größte Gruppe der Verlierer. Nachdem der Aktienkurs von Grenke gestern unter das Niveau vom September, der Zeit nach der Leerverkaufsattacke von Perring, gefallen ist, müssen sie sich auf einen langen Atem einstellen. Vor dem Hintergrund ist Kindermann zu­nächst nur ein Bauernopfer, mit dem man Zeit gewinnen kann. Sollten die Gutachter im Hause Grenke aber weiter Unerfreuliches zutage fördern, müsste sich auch der Firmengründer fragen lassen, ob er denn sein Aufsichtsratsmandat, das er derzeit ruhen lässt, tatsächlich wieder aufnehmen will.

Für Beobachter war die Demission von Kindermann überfällig. Zu lange hatten sie fehlende Transparenz moniert. Am Ende bleibt zu hoffen, dass das Vertrauen der Kunden und Aktionäre des Unternehmens nicht in seinen Grundfesten erschüttert ist, sondern zurückgewonnen werden kann. Mit dem neu aufgestellten Vorstand ist zu­mindest ein wichtiger Schritt für einen Neubeginn gemacht.