Das Ende einer Epoche
Notiert in Mailand
Das Ende einer Epoche
Mit dem Tod Giorgio Armanis geht einer der letzten Unternehmerpersönlichkeiten einer Generation
Von Gerhard Bläske, Mailand
bl Mailand
In den meisten Teilen Italiens ist es noch heiß, oft über 30 Grad. Die Nächte sind mild und lang, die Terrassen der Lokale bis spät in die Nacht dicht besetzt. Doch der Sommer geht auch hier bald vorbei. Selbst an legendären Badeorten wie dem toskanischen Forte dei Marmi spürt man etwas Wehmut.
Das liegt auch daran, dass mit dem langjährigen Urlaubsgast und Modeschöpfer Giorgio Armani gerade eine der letzten großen Unternehmerpersönlichkeiten des Landes gestorben ist. Die Zeitungen sind voll mit Huldigungen. Seine letzten Tage werden ebenso minutiös geschildert wie seine große Karriere. Armani war ein Symbol Italiens und des Made in Italy. Mit dem bis zum Schluss diszipliniert Arbeitenden ist eine weitere große Unternehmerpersönlichkeit des Landes gegangen – eine der letzten einer Generation. Mit dem schon 2003 verstorbenen Ex-Fiat-Chef und Eigentümer Gianni Agnelli waren das der Banker Ennio Doris, Leonardo Del Vecchio (EssilorLuxottica), Roberto Colaninno (Ex-Telecom-Italia und Piaggio-Chef) sowie Silvio Berlusconi. Aus dieser Generation ist einzig noch der frühere Olivetti-Präsident Carlo De Benedetti (90) übrig.
Diskret und effizient
Der frühere Ferrari- und Fiat-Verwaltungsratsvorsitzende Luca Cordero di Montezemolo ist zwar noch aktiv, aber mit 78 etwas jünger. Der Bau- und Medienunternehmer Francesco Caltagirone mischt mit 82 Italiens Bankenmarkt auf. Marco Tronchetti Provera, Großaktionär und langjähriger CEO des Reifenkonzerns Pirelli, zieht als Executive Vice Chairman auch mit 77 noch die Fäden. In den Schlagzeilen war in diesem Sommer aber eher sein Sohn Nino, der neue Partner der Moderatorin Michelle Hunziker.
Die jüngere Generation der Spitzenmanager macht viel weniger Schlagzeilen als die ältere. Sie ist diskret und effizient, wie Roberto Cingolani, Chef des Rüstungskonzerns Leonardo, oder John Elkann, Chef des Familienclans Agnelli/Elkann, der über seine Holding u.a. Exor Ferrari, CNH Industrial und mehr als 14% des Autokonzerns Stellantis kontrolliert. Auch die Banker Luigi Lovaglio (Monte dei Paschi) und Carlo Messina (Intesa Sanpaolo) sind zurückhaltend. Für Aufregung sorgt einzig Unicredit-CEO Andrea Orcel – vor allem wegen seines Versuchs, die BPM zu übernehmen bzw. mit dem Erwerb von knapp 30% an der Commerzbank.
„Geste der Zuneigung“
Armani, der gern mit seiner schwarzen Jacht im Mittelmeer kreuzte, hatte, außer in Mailand Wohnsitze auf den Inseln Skorpios und Pantelleria, in Saint-Tropez, St. Moritz, Antigua sowie in Forte dei Marmi. Dort hatte der in Bezug auf seine Eß- und Trinkgewohnheiten höchst spartanisch lebende Unternehmer Ende August für Aufsehen gesorgt: Er erwarb für geschätzte 12 bis 15 Mill. Euro den schon 1929 eröffneten Kultclub Capannina di Franceschi. In dem Symbol des Dolce Vita traten Ray Charles oder Grace Jones auf. Armani bezeichnete den Kauf als „Geste der Zuneigung“. Hier hatte er vor 60 Jahren seinen langjährigen Freund und Geschäftspartner Sergio Galeotti kennengelernt.