KommentarQuartalsberichte

Erwartungen managen ist die Kunst

Die Saison der Quartalsberichte zeigt es wieder: Zu den Aufgaben von Vorständen gehört es, Erwartungen zu lenken. Manchen gelingt das gut, anderen weniger.

Erwartungen managen ist die Kunst

Quartalsberichte

Erwartungen managen ist Kunst

Von Joachim Herr

Überzeugende Quartalszahlen bieten keinen absolut sicheren Schutz vor Kursverlusten. Börsennotierte Unternehmen und Aktionäre machen diese Erfahrung immer wieder. Eindeutige Erklärungen für Ausschläge nach unten oder auch nach oben finden sich selten. Mal spielt die Tagesstimmung eine Rolle, mal Gewinnmitnahmen, mal müssen Leerverkäufer Lücken schließen. Die Vorstände verfolgen die Kursbewegungen bisweilen ratlos, haben es allerdings in der Hand, die Erwartungen des Marktes zu lenken. Transparent und rechtzeitig zu informieren sowohl über Chancen, vor allem aber über Risiken, ist das Rezept.

Siemens ist das vor dem jetzt präsentierten Quartalsbericht gut gelungen: Den Rückgang im Softwaregeschäft haben die Analysten im Durchschnitt genau so erwartet. Immerhin schlägt sich die negative Entwicklung dieser Sparte auch im Konzernergebnis nieder. Dennoch ist der Aktienkurs am Donnerstag nur anfangs leicht abgetaucht, kurze Zeit später nach oben geschnellt. Die naheliegende Interpretation: Die Investoren waren auf den Schwachpunkt gut vorbereitet. Auf der anderen Seite Carl Zeiss Meditec: Der Kurs stürzte am Donnerstag in der Spitze um 14% ab. Dabei bestätigte das im MDax notierte Medizintechnikunternehmen wie der Dax-Konzern Siemens die Prognose fürs Geschäftsjahr, das für beide schon am 30. September endet.

Die entscheidende Voraussetzung

Die jüngere Historie der Kapitalmarktkommunikation hat die Aktionäre jedoch vergrault. Im Juni vor einem Jahr senkte Carl Zeiss Meditec das Ergebnisziel fürs Jahr erheblich, bekräftigte aber das mittelfristige Margenziel. Umso größer war die Enttäuschung, als sechs Monate später auch dieses Versprechen kassiert wurde. Und mit dem jüngsten Quartalsbericht verfehlte das Unternehmen abermals die Erwartungen. Dass die Jahresprognose zu erreichen ist, bezweifelt mancher Analyst. Da drängt sich die Frage auf, ob das Management nicht überzeugend informiert oder ob es ihm an einer realistischen Einschätzung mangelt. So oder so fehlt es an Vertrauen – für Investoren die entscheidende Voraussetzung für jedes Engagement.