Notiert inBerlin

Dem Terrorgeld auf der Spur

Schnelle Auswertung riesiger Datenmengen, Auswertung von Bild und Ton, Übersetzung mehrerer Sprachen – die KI hilft auch im Kampf gegen Finanzkriminalität. Verbrecher müssen sich auf einiges gefasst machen.

Dem Terrorgeld auf der Spur

Notiert in Berlin

Dem Terrorgeld auf der Spur

Von Angela Wefers

Verbrecher werden es hierzulande künftig deutlich schwerer haben, illegale Finanzströme zu verschleiern. Die bei den Bundesländern angesiedelte Strafverfolgung für Finanzdelikte geht mit der Zeit und setzt auf Künstliche Intelligenz. In Nordrhein-Westfalen kooperiert das Landesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität nun mit dem Fraunhofer-Institut für Intelligente Analyse und Informationssysteme (IAIS). Beide entwickeln zusammen einen KI-Prototyp, um digitale Beweismittel auszuwerten. Dies bietet im Kampf gegen Geldwäsche und Terrorfinanzierung ganz neue Möglichkeiten.

KI findet die Nadel im Heuhaufen

Bei Durchsuchungen stellt die Polizei oft Datenmengen in Terrabytedimension sicher. In den digitalen Asservaten verdächtige Transaktionen zu finden, gleicht oft der Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen. Sie ist aufwändig und dauert ewig. KI ist nicht nur schneller, das anvisierte Retrieval-Augmented-Generation-System kann auch vielfältige Dateiformate lesen: Bild und Ton werden in Text übersetzt, fremde Sprachen in Deutsch. So werden etwa Fotos einer Rechnung als Rechnung erkannt. Die Fahnder können mit dem System sozusagen chatten und auf spezielle Verdachtspunkte hinarbeiten.

Die Mittel für das Projekt hatte die Landesregierung nach dem Terroranschlag in Solingen bereitgestellt. NRW-Finanzminister Marcus Optendenk will so verdächtige Geldströme, die der Terrorfinanzierung dienen könnten, aufdecken und abbinden. Aber auch der Bund muss aktiv werden. Bei der Ampel-Regierung ist das „Gesetz zur Verbesserung der Bekämpfung von Finanzkriminalität“ liegengeblieben. Es sollte Schwachstellen beseitigen, nachdem eine Routine-Prüfung der Financial Action Task Force (FATF) wenig schmeichelhaft ausgefallen war. Deutschland gilt als Geldwäscheparadies – weniger wegen der Gesetzeslage, sondern wegen mangelnder Durchsetzung. Der Fall Wirecard hatte gezeigt, was zersplitterten Zuständigkeiten bei verschiedenen Gebietskörperschaften bedeuten.

Neue Bundesbehörde

Ampel-Finanzminister Christian Lindner (FDP) wollte mit einem neuen Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität Aufgaben bündeln – übrigens gegen den Widerstand der Polizei, die eine Behörde außerhalb der Strukturen von Bundeskriminalamt, Zoll, Bundes- und Landespolizei ablehnt. Interimsfinanzminister Jörg Kukies (SPD) versucht nach dem Bruch der Ampel, das Gesetz noch auf den letzten Metern durch den Bundestag zu bringen – vergeblich.

Schwarz-Rot hat den Punkt auf der Agenda. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, die Kompetenzen des Bundes bei der Finanzkriminalität zu bündeln. Die Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern, mit nationalen und internationalen Organisationen sowie der EU und der EU-Antigeldwäschebehörde AMLA verspricht Schwarz-Rot, zu verbessern. Deutschland steht in Europa hier im Wort. Die Entscheidung, die AMLA in Frankfurt anzusiedeln, ist mit der Zusage Berlins verbunden, Schwachstellen bei der Finanzkriminalitätsbekämpfung hierzulande zu beseitigen.

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