Notiert inFrankfurt

Der jährliche Wahnsinn

Die Vorweihnachtszeit ist alles andere als besinnlich – Termine, Schnäppchenjagden und Geschenkekäufe sorgen für Stress. Börsenkurse spiegeln nicht unbedingt wider, was in den Fußgängerzonen derzeit los ist.

Der jährliche Wahnsinn

Notiert in Frankfurt

Der jährliche Wahnsinn

Von Alexandra Baude

Es ist wieder soweit: Der jährliche Wahnsinn in der angeblich ach so besinnlichen Vorweihnachtszeit schlägt zu. Was gibt es da nicht alles zu koordinieren – die Jahresendfeiern diverser Vereine sämtlicher Familienmitglieder, über die Büroweihnachtsfeier hin zum Kauf von Geschenken und Weihnachtsbaum, nicht zu vergessen Dinge wie Plätzchenbacken und das Festlegen der feiertäglichen Menüfolge, wenn denn dann endlich klar ist, wer wann wo mit wem feiert und übernachtet.

Rabattschlacht sorgt für Stress

Dabei ist Stress nicht gesund, wie Studien immer wieder belegen. Fast jeder dritte Erwachsene fühlt sich häufig gestresst. Vier Fünftel empfinden das heutige Leben stressiger als früher, Frauen sagen dies häufiger als Männer. Zu den Stressoren gehören auch zu viele Termine und Verpflichtungen in der Freizeit. Oder die Rabattschlachten. Früher waren es „nur“ der Sommer- und Winterschlussverkauf sowie die Monate November und Dezember, in denen es galt, günstige Gelegenheiten zu suchen und zu nutzen. Mittlerweile aber sorgen „Black Friday“, „Cyber-Monday“ und die vom Einzelhandel forcierten Geschenke-Events wie Valentinstag, Muttertag, Ostern, Halloween und Nikolaus und eben Weihnachten dafür, dass Schnäppchen-Zeit gefühlt das ganze Jahr ist. Ein günstiger Kauf sorgt für einen Dopamin-Schub und impulsive Handlungen – und damit zu weiteren reflexartigen Käufen beim nächsten Sonderangebot. Das führt zu Stress und Unruhe, aus Sorge, die nächste Gelegenheit zu verpassen.

Manchmal gehts nicht ohne Sonderangebote

Für manch einen aber ist die Schnäppchensuche unumgänglich. Die zunehmenden Stellenstreichungspläne, insbesondere in der Industrie, und die anhaltende Konjunkturflaute wiederum schüren Jobsorgen, die in Verbindung mit den hohen Energie- und Lebenshaltungskosten die Konsumlust und -fähigkeit bremsen. Dies belegen die Barometer der Konsumforscher vom GfK und des Handelsverbands HDE regelmäßig. Immer mehr Privatpersonen aus sämtlichen sozialen Gruppen sind überschuldet, die Finanzpuffer aufgebraucht.

Börse ist kein Spiegelbild

Für Stress kann auch der Blick ins Aktiendepot sorgen. Denn es geht fehl, wer meint, beliebte Geschenkkategorien ließen die entsprechenden Kurse nach oben schießen und so wie jedes Jahr zu Weihnachten mehr Geld ausgegeben wird, müsste es an der Börse immer aufwärts gehen. So notieren die Aktien des Modeversands Zalando oder Hawesko, zu der Jacques’ Wein-Depot gehört, unter dem Vorjahresniveau – dabei gehört doch ein guter Tropfen zum Festessen dazu. Eher im Nachtischbereich sind Produkte von Nestlé und Mondelez anzusiedeln, die hohen Schokopreise aber dürfte manchem den Appetit verschlagen haben. Was offensichtlich dem Kurs nicht guttut. Auch die dekorative Kosmetik und allerlei Mittelchen zu Putz und Pflege von Wohnraum und Körper sind fester Bestandteil der vorweihnachtlichen Einkaufslisten. Bei der Parfümeriekette Douglas und Henkel mit seiner breiten Palette von Wasch- und Reinigungsmitteln bis hin zur Haarpflege lässt sich allerdings nicht am Kurs ablesen, dass jahreszeitbedingt mehr gekauft werden würde. Gegen den Trend sind die Kurse von Lindt & Sprüngli oder L’Oréal über das Vorjahresniveau gestiegen.

Weihnachtsmärkte dennoch beliebt

Weitere beliebte Geschenkedauerbrenner wie Sportartikel oder Sportswear haben es hingegen nicht geschafft, Adidas, Nike oder Puma reüssieren zu lassen. Die Kurse sind allesamt niedriger als im vergangenen Dezember. Der kurze Hüpfer von Puma Ende November beruht allein auf Übernahmegerüchten.

Dass Realwirtschaft und Börse oft unterschiedliche Wege einschlagen, zeigt aber eindeutig der Blick auf die wie jedes Jahr gut gefüllten Weihnachtsmärkte und Fußgängerzonen: Glühweinkoma und Schoko-Zuckerschock liegen allem politischen und wirtschaftlichen Ungemach zum Trotz hoch im Kurs.