Der Mann, der Trump unter die Haut geht
Notiert in Washington
Einer, der Trump unter die Haut geht
Von Peter De Thier
Drei Jahre vor den nächsten Präsidentschaftswahlen zählt er bereits zu den Favoriten für die Demokratische Spitzenkandidatur: Gavin Newsom (57), seit sechs Jahren Gouverneur des größten US-Staates, Kalifornien, positioniert sich bereits frühzeitig für das höchste Amt im Lande. Er hält staatsmännische Reden über globale Themen wie Klimawandel und Migration. Unterdessen ist es seine Strategie auf sozialen Medien, die Newsoms politische Ambitionen verrät: Auf „X“, ehemals Twitter, schreibt er in demselben Ton und mit derselben Aggressivität wie der amtierende Präsident Donald Trump. Das Ziel: Der Gouverneur will Trump unter die Haut gehen. Und das gelingt ihm.
Zumindest in der Theorie sind die Chancen auf eine Präsidentschaftskandidatur ausgesprochen gut. Der 49. Gouverneur in der Geschichte der viertgrößten Volkswirtschaft der Welt hat das blendende Aussehen eines Hollywood-Stars. Er ist redegewandt, schlagfertig und unerschrocken. Anders ausgedrückt: Nicht einmal Trump kann ihn mit persönlichen Attacken einschüchtern. Seit seinem Amtsantritt lassen die Angriffe gegen den Gouverneur, der Trump eindeutig nervös macht, nicht nach.
Störung bei Kabinettssitzung
So schlug Newsom vergangene Woche Wellen, als er mit einem X-Post Trump ausgerechnet während einer Kabinettssitzung zur Weißglut brachte. Der Präsident hatte nämlich die Lüge über seine angebliche Rolle beim Löschen der Brände in Los Angeles wiederholt. Und bediente sich dabei abermals des abschätzigen Spitznamens „Newscum“. Zu deutsch: “Neuer Abschaum“.
Postwendend „Newscums“ Reaktion: Der Screenshot eines Dialogs mit Grok, dem KI Chat-Box von X. „Stimmt es, dass Menschen, die Demenz haben, dieselben Unwahrheiten oft wiederholen?“, fragt der Gouverneur in dem Dialog. Groks Antwort: „Menschen mit Demenz wiederholen oft dieselben Unwahrheiten aufgrund von Gedächtnisschwäche und kognitiven Problemen“. Beratern zufolge soll Trump vor Wut geschäumt und „Rache“ geschworen haben.
Peinliche Trump-Videos
Doch Newsom legte nach. In der Woche nach besagter Kabinettssitzung, die den Präsidenten in Rage versetzt hatte, wurde Trump nämlich in der Öffentlichkeit nicht mehr gesehen. Es kursierten Gerüchte über seine Gesundheit. Auf X breitete sich der Hashtag mit dem Satz „ Trump ist tot“ wie ein Lauffeuer aus. Und als der Präsident sich nach einer Golfrunde mit den Worten zurück meldete "Nie in meinem Leben habe ich mich besser gefühlt“ und das Weiße Haus klar stellte, dass Trump lediglich ein chronisches aber harmloses Venenleiden habe, meldete sich Newson zu Wort. Er postete eine Sammlung der peinlichsten Videoclips des Präsidenten: Als er beim Entsteigen der Regierungsmaschine Air Force One stolperte und als ein Reporter ihm aus Versehen mit dem Mikrofon ins Gesicht schlug. Dazu eine Serie der peinlichsten Trump-Versprecher.
Der Schlagabtausch wird in den kommenden Monaten weitergehen. Politisch relevant ist hingegen, dass Newsom schon frühzeitig als einer von zwei Top-Favoriten für die demokratische Kandidatur gilt. Denn neben dem telegenen Erscheinungsbild verfügt er auch über die notwendigen Ressourcen. Nach seinem Studienabschluss gründete der junge Politikwissenschaftler in Kalifornien die Winzerei Plump Jack Group.
Geld und politische Erfahrung
Das Startkapital stellte der Familienfreund und Multimilliardär Gordon Getty bereit. Bevor der junge Unternehmer acht Jahre später umsattelte und in die Politik wechselte, war sein Firmenimperium auf zwei Dutzend Winzereien, Restaurants und Hotels gewachsen. Newsoms Privatvermögen wird auf 12 Millionen Dollar geschätzt, könnte nach Ansicht einiger Finanzexperten aber deutlich darüber liegen.
Neben dem Selbstbewusstsein, um Trump Kontra zu geben, besitzt Newsom also auch das Geld und zudem die politische Erfahrung, um Präsidentschaftskandidat zu werden. Denn der Favorit für die Spitzenkandidatur war vor seiner Wahl zum kalifornischen Regierungschef acht Jahre lang Vize-Gouverneur. Davor war er Bürgermeister von San Francisco und saß mehrere Jahre lang im Stadtrat.
Umstrittene Positionen
Ein weiteres Attribut, das ihm als potenzieller Präsidentschaftskandidat gut zu Gesicht steht. Neben dem blendenden Aussehen, der jugendlichen Ausstrahlung und Energie sowie dem mühelosen Charisma gibt es einen Ex-Präsidenten, der ebenfalls in Kalifornien die Regierungsgeschäfte führte: Ronald Reagan, der allerdings Republikaner war, zählt zu den populärsten Präsidenten der letzten 50 Jahre.
Unumstritten ist der Gouverneur nicht. Moderate Demokraten kritisierten lange Zeit seinen Regierungsstil und meinten, dass seine Positionen „zu links“ seien. 2020 gab es sogar eine populäre Petition, Newsom des Gouverneursamts zu entheben. Der Grund: Unter ihm sei Kalifornien zu einem Staat für illegale Migranten mutiert, der Ausländer besser behandelt als seine eigenen Bürger. Doch wie bei vielen erfolgreichen Politikern perlten die Attacken wie Wassertropfen von einer Teflonpfanne ab.
Beliebt bei Wechselwählern
Zwischenzeitlich ist nämlich Newsoms Popularität unter demokratisch neigenden Wechselwählern deutlich gestiegen. Und der Durchschnittswert der prominentesten Umfragen hat kürzlich ergeben, dass Newsom sowie die ehemalige Vizepräsidentin und Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris die mit Abstand größten Chancen haben, die demokratischen Vorwahlen zu gewinnen und im Sommer 2028 beim Nominierungsparteitag der Demokraten den Zuschlag zu bekommen.