Der zähe Kampf gegen den Telefonspam
Der zähe Kampf gegen den Telefonspam
Von Thilo Schäfer
Notiert in Madrid
Wer nicht zu den Frühaufstehern am Wochenende zählt, dem kann ein Schreck durch die Glieder gehen, wenn am Samstagmorgen um halb acht Uhr plötzlich das Handy klingelt. Ist was passiert im Familienkreis? Nein, am anderen Ende der Leitung meldet sich eine freundliche Dame mit südamerikanischem Einschlag, die fragt, ob man am Wechsel des Stromversorgers interessiert sei. Diese unerwünschten Verkaufsanrufe sind in Spanien seit Jahren eine wahre Plage. Es ist nicht unüblich, um die zehn Calls die Woche zu erhalten, oft zu völlig unpassenden Zeiten am Wochenende oder spätabends, was auch mit der Zeitverschiebung zu den Callcentern in Lateinamerika zusammenhängt. Mit Whatsapp, Telegram oder der klassischen Email behalten sich viele Menschen einen Sprachanruf heutzutage nur für besonders wichtige Anlässe vor. Umso mehr nervt es, wenn man von einem Verkäufer rausgeklingelt wird.
Wechselfreude wird ausgenutzt
Die Regierung versucht seit zwei Jahren, diese Praxis in den Griff zu bekommen. Dabei geht es nicht nur um die Verhinderung von Betrug am Telefon. Oft arbeiten die Anrufer für Subunternehmen, die wiederum für andere Subunternehmen eine Verkaufsoffensive im Namen eines großen Konzerns durchführen. Meist geht es um den Wechsel des Stromanbieters oder der Telefonfirma. Die Spanier sind wechselfreudig. Im letzten Jahr verließen laut Zahlen der Wettbewerbsaufsicht CNMC 24% der Verbraucher ihren Energieversorger und gingen zur Konkurrenz. Der gemeine Trick ist, dass man bei diesen Spam-Calls eine unbekannte spanische Handynummer auf dem Display sieht, die mit sechs beginnt und neun Stellen hat. Vor zwei Jahren erließ das Verbraucherministerium der Linksregierung ein Verbot für unerwünschte Anrufe. Das interessierte offenbar keinen, denn bis vor kurzem stellten Verbraucherschutzverbände keine Besserung fest. Seit März müssen die Telekomfirmen Spam-Nummern sperren. Das waren in zwei Monaten 14 Millionen, wie Digitalminister Óscar López frohlockte. Seit Juni dürfen keine Handynummer mehr für Kundenkontakte verwendet werden, sondern nur noch normale Festnetznummer, deren Vorwahlcodes mit einer Neun beginnen oder Sondernummern, die mit 800 oder 900 anfangen. Der rumänische Lowcostanbieter Digi zum Beispiel änderte sein Kundentelefon von 642 642 642 auf 919 120 120.
Verträge ohnehin ungültig
Doch reicht diese Maßnahme immer noch nicht ganz aus, wie dieser Korrespondent leider bestätigen kann. Im nächsten Jahr wird die CNMC ein neues Nummernregister verwalten, mit dem die schwarzen Schafe ausgesiebt werden können. Doch hoffentlich wird vorher schon eine andere der Maßnahmen Wirkung zeigen: Seit Juni sind Verträge, die bei unerwünschten Anrufe abgeschlossen werden, ungültig. Der Verbraucher kann also im Nachhinein einen Wechsel von Iberdrola zu Naturgy oder Telefónica zu Digi beanstanden. Damit sollte das Geschäftsmodell der Spammer eigentlich erledigt sein und die Leute könnten samstags wieder ausschlafen.