Deutsch-französische Freundschaft gerät bei Kampfjet FCAS aus der Balance
Kampfjetprojekt FCAS
Jeder kämpft für sich allein
Von Christoph Ruhkamp
Angesichts der täglich wachsenden Bedrohung durch Russland wäre der europäische Zusammenhalt wichtiger denn je. Im Rüstungssektor scheint sich aktuell das Gegenteil abzuzeichnen. Die deutsch-französische Freundschaft gerät beim Streit um den künftigen europäischen Kampfjet FCAS („Future Combat Air System“) zusehends aus der Balance. Der französische Flugzeugbauer Dassault Aviation rückt weiter von den vor langer Zeit getroffenen Vereinbarungen ab. Dassault sei allein in der Lage, das Flugzeug zu entwickeln, prahlte CEO Eric Trappier jetzt. Aus deutscher Sicht wäre das inakzeptabel Damit würde neben dem Panzerbauer KNDS, bei dem die deutschen Eigentümerfamilien per Börsengang oder Verkauf aussteigen wollen, ein weiteres europäisches Rüstungsprojekt in Richtung Frankreich wegkippen - mit samt der damit verbundenen Milliardensubventionen und Tausenden von Arbeitsplätzen. Airbus sowie Kanzler Friedrich Merz und Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez dagegen haben ihr Interesse an FCAS vertragstreu bekräftigt. Der Kampfjet wird zur Ablösung der Eurofighter-Flotte in den 2040er Jahren benötigt.
Umorientierung als Drohkulisse
Hinter den Kulissen läuft indes schon die Neuorientierung der Deutschen. Es wird zumindest eine Drohkulisse gegen die Franzosen aufgebaut. Denn auch Berlin und Madrid sind nicht ohne Alternativen zu FCAS. Bundesverteidigungsministerium und Abgeordnete der Regierungskoalition prüfen, wie sie ohne Frankreich weitermachen können, falls Dassault auf einer dominierenden Rolle in dem Programm besteht. Eine Möglichkeit, die in Betracht gezogen wird, ist, den französischen Hersteller durch neue Partner zu ersetzen, zum Beispiel aus Schweden oder Großbritannien. Wenn die Bundeswehr für das Eurofighter-Upgrade einkauft, werden neben dem deutschen Drohnen-Start-up Helsing bereits das britische Unternehmen BAE Systems, der deutsch-französische Flugzeughersteller Airbus und das italienische Unternehmen Leonardo berücksichtigt. Im Extremfall könnte Deutschland für FCAS auf BAE Systems umschwenken, die mit Leonardo und japanischen Konzernen schon an einem neuen Kampfjet arbeitet. Damit wäre aber ein großer Teil der Mühe und viel von dem Geld, das in FCAS geflossen ist, vergebens gewesen. Es ließe auch Böses ahnen für das geplante europäische Satelliten-Joint-Venture „Projekt Bromo“, bei dem sich Airbus, Leonardo und Thales zusammen tun, um Europa unabhängiger von Elon Musks Starlink und SpaceX zu machen.
Europäische Rüstungskooperation wäre wichtig. Sie scheitert immer wieder an nationalen Egoismen.