Die Himmlischen Gärten der Fenchurch Street
Die Himmlischen Gärten der Fenchurch Street
Notiert in London
Himmlische Gärten an jeder Ecke
Von Andreas Hippin
Wer im „Walkie Talkie“ arbeitet, ist die Schlange vor dem Nebeneingang gewöhnt. Der Wolkenkratzer 20 Fenchurch Street zieht ein Publikum an, das anders aussieht als die Mitarbeiter der Banken, Investmentmanager und Versicherer in der Square Mile. Dort stehen Tag für Tag diejenigen an, die in den „Sky Garden“ wollen, den öffentlichen Dachgarten des extravaganten Hochhauses. Sie sind jünger, bunter und diverser als die Büropopulation am Finanzplatz London.
Der Planungsausschuss der City of London Corporation gab gerade grünes Licht für einen weiteren Büroturm in der Fenchurch Street, dessen Spitze an eine Krone erinnert.
Grüner, dichter, dynamischer
Das neueste Projekt mit der Hausnummer 130: Ein 31 Stockwerke hoher Solitär auf dem Weg zwischen „Sky Garden“ und „The Garden at 120“, einem weiteren Dachgarten. Es soll Fountain House ersetzen, einen der ersten Bürotürme, die nach dem Zweiten Weltkrieg im Londoner Bankenviertel gebaut wurden. Die Architekten von WilkinsonEyre haben eine hohe Gartenterrasse im 17. Stock eingeplant. 130 Fenchurch Street soll 58.000 qm Bürofläche liefern.
„Hier geht es um mehr als ein Gebäude“, behauptet Tom Sleigh, der Vorsitzende des Planungsausschusses. „Es ist Teil eines Musters proaktiver Planungsentscheidungen, die dazu beitragen, eine Square Mile zu formen, die bereit für die Zukunft ist: grüner, dichter, dynamischer und in Übereinstimmung mit der britischen Wachstumsmission.“
Vertikaler Garten
Ideenreichtum gehört nicht zu den Qualitäten, die er dafür beansprucht. Angesichts der vielen Dachgärten, die in der und rund um die Fenchurch Street entstehen, wäre das auch ein bisschen schwierig. Fountain House soll 2026 abgerissen werden. Zuletzt diente das Gebäude Seed130 als Heimat, einem Raum für Ausstellungen und Kulturveranstaltungen. Der City fehlt es an solchen sozialen Orten. An himmlischen Gärten herrscht dagegen kein Mangel.
Auf der anderen Straßenseite bauen Eric Parry Architects mit dem Bauunternehmen Multiplex gerade das 36-stöckige Bürohochhaus 50 Fenchurch Street. Hier geht es um 62.000 qm Bürofläche. Um die Ausschachtungsarbeiten zu erleichtern, hob man dort einen 700 Jahre alten Kirchturm 14 Meter in die Luft. Er soll später Teil einer öffentlichen Fläche im Erdgeschoss werden. Zudem ist ein vertikaler Garten vorgesehen.
Zwischen „Gurke“ und „Käsereibe“
Gewerbeimmobilienkrise hin oder her: Für einen weiteren Wolkenkratzer ist in der Londoner City immer Platz. Und ein öffentlicher Garten ist offenbar die einfachste Form, etwas an die Gemeinde zurückzugeben, in der man baut. Deshalb gibt es auch im elften Stock von Projekt 1 Undershaft zwischen Norman Fosters „Gurke“ und der „Käsereibe“ (Leadenhall Building) einen. Nach seiner Fertigstellung haben die Besucher und Bewohner der britischen Metropole die Wahl zwischen vier himmlischen Gärten in unmittelbarer Nähe. Ob das wohl die Biodiversität in der Square Mile voranbringen wird?
