KommentarKünstliche Intelligenz

Die Hybris der Tech-Überflieger

KI-Startups um OpenAI und Fermi fliegen näher und näher an die Sonne. Doch das Wachs in ihren Flügeln muss schmelzen.

Die Hybris der Tech-Überflieger

Künstliche Intelligenz

Die Hybris der Tech-Überflieger

Von Alex Wehnert

Der Hype um künstliche Intelligenz basiert zunehmend auf der überbordenden Selbstgewissheit führender Startup-Köpfe. Die Bewertung der von Sam Altman gelenkten OpenAI fliegt auf 500 Mrd. Dollar und damit näher und näher an die Sonne und schert sich nicht um Warnungen von Analysten. Diese erwarten, dass die Investitionen von Tech-Riesen in die Zukunftstechnologie über kurz oder lang abreißen.

Auf einer Stufe mit ExxonMobil

Das Startup schwebt damit in ähnlichen Sphären wie ExxonMobil. Allerdings hat der Ölriese im vergangenen Jahr fast 350 Mrd. Dollar umgesetzt und einen Gewinn von über 30 Mrd. Dollar erzielt – OpenAI erwartet für 2025 Erlöse von 13 Mrd. Dollar und operiert verlustreich. Trotz wiederholter Finanzierungsrunden ist unklar, woher die Mittel für die Infrastrukturinvestitionen kommen sollen, die OpenAI plant.

Doch Ikarus Altman erfreut sich der Rückendeckung eines brillanten Erfinders. Bei dem Daidalos handelt es sich um Nvidia, die Investitionen von 100 Mrd. Dollar in die Tech-Schmiede angekündigt hat. Damit befähigt der Chipdesigner das Startup, Großaufträge an Oracle zu verteilen. Doch die gegenseitigen Abhängigkeiten der Tech-Halbgötter sollten Investoren schwer zu denken geben – gerät der Mythos um einen von ihnen ins Wanken, droht das Kaskadeneffekte an den Finanzmärkten auszulösen.

Ohne Assets an die Börse

Nichtsdestotrotz findet OpenAI in ihrer Hybris Nachahmer. So veranschaulicht das IPO von Fermi, wie viel Träumerei im KI-Boom steckt. Die Aktie des mit 13,8 Mrd. Dollar bewerteten Startups schoss nach dem Start an der Nasdaq am Mittwoch um 55% in die Höhe. Fermi will in Texas einen Kraftwerkskomplex für Rechenzentren aus dem Boden stampfen, dessen Energiekapazität doppelt so hoch ausfallen soll wie die aller Versorger von New York City. Zu sehen ist allerdings noch nicht allzu viel – denn Fermi plant die IPO-Einnahmen erst dazu zu nutzen, sich die nötige Infrastruktur-Ausrüstung anzuschaffen.

Dass US-Investoren Unternehmen momentan alles aus den Händen reißen, was mit KI zu tun hat, will wohl auch das deutsche Startup DeepL nutzen. Angeblich führt die Firma erste Gespräche über ein US-IPO, bei dem sie eine Bewertung von 5 Mrd. Dollar anstreben könnte. Angesichts der sonstigen Überhitzung nehmen sich solche Ambitionen geradezu bescheiden aus. Vielleicht sollte sich DeepL dennoch beeilen, mit dem Börsengang voranzukommen, bevor das Wachs in den Flügeln der anderen KI-Höhenjäger geschmolzen ist.

Die Bewertungen von KI-Startups wie OpenAI fliegen nah an der Sonne. Irgendwann muss das Wachs in ihren Flügeln schmelzen.