Die Mär vom Bürokratieabbau
Die Mär vom Bürokratieabbau
EU-Anlegerregeln
Die Mär vom Bürokratieabbau
Von Detlef Fechtner
In diesen vorweihnachtlichen Tagen gehen viele schöne Geschichten um – einige davon zu schön, um wahr zu sein. Ein zentrales Narrativ der EU-Kommission in diesen Adventswochen lautet bekanntlich: Brüssel macht nun wirklich ernst mit dem Abbau von Bürokratie. Und ja, zuletzt gab es tatsächlich Grund zur Annahme, dass den vollmundigen Ansagen nun Taten folgen. So mag man über den Omnibus I trefflich streiten. Aber zweifelsohne wurden damit Berichts-, Sorgfalts- und Haftungsanforderungen in Bezug auf Klimarisiken reduziert.
Nun aber lassen Europas Gesetzgeber wieder erhebliche Zweifel daran aufkommen, dass der politische Wille besteht, auf Vorgaben zu verzichten, wenn sie wenig bringen, aber viel Aufwand bedeuten. Dass nämlich die EU-Kleinanlegerregeln dem Interesse von Europas Bürgern für die Kapitalanlage neuen Schub verleihen, ist – vorsichtig formuliert – eine Illusion. Zugleich ist der damit verbundene Aufwand erheblich.
Der Vorschlag für die Retail Investment Strategy stammt aus alten Zeiten, lange vor der Ansage, Regulierung einfacher und weniger aufwändig zu machen. Das, worauf sich die Unterhändler jetzt verständigt haben, ist genau das Gegenteil davon. Das Regelwerk ist kompliziert, die Vorgaben laden zu Missverständnissen ein. So ist unklar, wie genau der Preis-Leistungs-Vergleich mit ähnlichen Finanzprodukten aussehen soll. Und Formulierungen wie der „spürbare Nutzen“ werden Juristen noch lange beschäftigen.
Jenseits der durchaus nachvollziehbaren Klagen der Industrie – von Fonds über Banken und Zertifikateanbieter bis hin zu Vermögensberatern und Versicherungen – gibt es noch einen anderen Grund, das Ergebnis der jüngsten Einigung skeptisch zu beäugen. Die Konzentration der EU-Gesetzgeber auf das Preis-Leistungs-Verhältnis, und damit die Fokussierung auf die Gebühren, lenken das Interesse der Anleger in Produkte, die günstig sind, weil sie passiv gemanagt werden. Das befördert Sorgen um die Finanzstabilität. Denn wenn noch deutlich mehr Investoren in ETF & Co. gehen, steigt das Risiko, das kurzfristige Schocks enorme Wirkungen entfalten.
