KommentarVersicherer muss sich Eigenständigkeit verdienen

Die Nürnberger muss jetzt liefern

Die Vienna Insurance Group übernimmt die Nürnberger Versicherung, um ihre Präsenz in Deutschland zu stärken und ihre Osteuropa-Lastigkeit zu verringern.

Die Nürnberger muss jetzt liefern

Assekuranz

Die Nürnberger muss jetzt liefern

Von Thomas List

Die Übernahme der Nürnberger Versicherung durch die Vienna Insurance Group (VIG) ist kein Startschuss für die Konsolidierung des zersplitterten deutschen Versicherungsmarktes. Vielmehr ist die Nürnberger ein Sonderfall. Der mittelgroße Konzern hat sich bei seinen Kfz- und Wohngebäudeversicherungen schlicht verkalkuliert, sprich die Belastungen durch Schäden unterschätzt. In der Folge fielen Verluste an. Eine Sanierung wurde zwar eingeleitet. Doch für die Fortsetzung der lange Zeit vehement verteidigten Unabhängigkeit hat es nicht gereicht.

Zersplitterte Aktionärsstruktur

Dazu dürfte das zersplitterte Aktionariat beigetragen haben. Die Munich Re und die Beteiligungsgesellschaft Neue Seba kommen als größte Einzelaktionäre auf jeweils rund 19% der Aktien. Drei weitere Aktionäre halten zwischen 5% und 16%. Der Streubesitz liegt bei nur 26%.

Da kam die VIG wie gerufen. Sie ist in Deutschland bisher kaum vertreten und kann mit der Nürnberger ihre Osteuropa-Lastigkeit verringern. Mit der Nürnberger verfügt sie zukünftig über einen sehr bekannten Traditionsversicherer (gegründet 1884) mit einem starken Vertrieb. Damit lässt sich etwas anfangen. Dies gilt um so mehr, als die neue Mutter eine traditionelle Schwäche deutscher Versicherer, die veralteten IT-Systeme, bei der Nürnberger angehen will. Die VIG dürfte hier als größte Versicherungsgruppe in Österreich viel Erfahrung haben.

Finanzielle Stärke

Die VIG hat die entsprechenden Finanzmittel, wie sie im Übernahmeangebot demonstriert hat. Immerhin 2,4 Mrd. Euro stehen zur Verfügung und damit etwa 1 Mrd. Euro mehr, als für die Übernahme notwendig ist. Wie sehr die Wiener auf die Stärke der Nürnberger setzen, zeigen der garantierte Erhalt der Marke und des Hauptsitzes, der dreijährige Verzicht auf Kündigungen und einen Beherrschungsvertrag.

All dies zeigt einen großen Vertrauensvorschuss für die Mannschaft der Nürnberger. Sie muss jetzt aber auch liefern, sprich die nachhaltige Rückkehr in die Gewinnzone schaffen und ihre IT-Systeme zügig modernisieren. Andernfalls dürfte die VIG spätestens in drei Jahren die Zügel deutlich anziehen.