KommentarEnergiepolitik

Die ökologische Transformation scheitert an den Realitäten

Die Bundesregierung hat die ökologische Transformation eingeleitet und vorschnell Ausstiegsentscheidungen getroffen, ohne sicherzustellen, dass die neue Energiestruktur rechtzeitig und stabil zur Verfügung steht. Ein Desaster.

Die ökologische Transformation scheitert an den Realitäten

Energiepolitik

Gebrochene Versprechen

Von Stephan Lorz

Manchen Personen sagt man ja nach, dass sie ihre Gedanken erst beim Reden vervollständigen. Eine gute Struktur und eine in sich stimmige Argumentation braucht man dann allerdings nicht zu erwarten. Bei vielen Talkshow-Auftritten von Bundeswirtschafts- und Bundesklimaminister Robert Habeck hat man durchaus das Gefühl, diese Verfertigung seiner Gedanken immer wieder leibhaftig mitzuerleben. Doch er scheint nicht nur philosophische Fragen mit diesem Entdeckungsverfahren anzugehen, sondern auch sein Kernthema, die ökologische Transformation. Bloß sind die ökonomischen Konsequenzen dabei natürlich viel dramatischer und betreffen auch viel mehr Menschen als beim Philosophieren.

Denn die neue ökologische Struktur der Energiewirtschaft muss klare Anforderungen erfüllen: Neben der Umweltverträglichkeit müssen etwa die Versorgungssicherheit und die Wirtschaftlichkeit gewährleistet sein – und zwar während und nach der Transformation! Die Verabschiedung eines Starttermins für die Umsetzung reicht eben nicht aus. Es braucht vielmehr einen realistischen Plan, um keine Versorgungslücken entstehen zu lassen. Zugleich müssen die dafür nötige Technik und die entsprechenden industriellen Kapazitäten für Aufbau und Inbetriebnahme aufeinander abgestimmt werden.

Kein Konzept

All das ist bei der von Habeck verantworteten deutschen Energiewende nicht der Fall: Es gibt zwar eine Vision und einen Zeitplan, aber nichts davon ist technisch und wirtschaftlich konkretisiert. Die Annahmen sind viel zu optimistisch, wie der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) jetzt kritisiert; ferner wurden die gesetzlichen und regulatorischen Voraussetzungen für die nötigen Investitionen verschleppt, weshalb die Wirtschaft erst einmal abwartet.

So wird bis 2030 zwar ein früherer Kohleausstieg versprochen, aber der nötige Zubau von wasserstofffähigen Gaskraftwerken ist noch nicht einmal in Sicht. Selbst mit dem neuen „Deutschland-Tempo“ wäre die Zeit zu kurz. Auch fehlt es nach wie vor an den nötigen Stromautobahnen sowie an großvolumigen Stromspeichern, um Dunkelflauten zu überbrücken. Deutsche Start-ups, welche dafür passende Solid-Flow-Batterietechnologien anbieten, stehen lieber in den USA Schlange als in der Heimat. Von den einst versprochenen niedrigen Strompreisen ganz zu schweigen. Bis zuletzt wurden die Bürger ja mit dem Argument geködert, dass Sonne und Wind keine Rechnungen schreiben würden. Auch dieses Märchen wurde jetzt von der Bundesnetzagentur kassiert.