Die Sorgen der Mohikaner
Die Sorgen der Mohikaner
Kapitalvorgaben
Die Sorgen der Mohikaner
Von Detlef Fechtner
In Europa ist eine neue Debatte über die Baseler Kapitalvorgaben in Bewegung gekommen – und zwar im politischen Brüssel ebenso wie am Finanzplatz Frankfurt. Auslöser der Diskussion ist die Erwartung, dass die USA, selbst wenn sie die Verabredungen aus Basel umsetzen werden, die Banken reichlich entlasten. Und dass auch die britischen Institute mit milderen Vorgaben rechnen dürfen als in der EU. Schon macht das Bild vom letzten Mohikaner die Runde – geht die Sorge um, dass kontinentaleuropäische Banken zu einer bedrohten Art werden könnten, sofern die Politik nicht davon abweicht, die Basler Übereinkunft vollständig umzusetzen.
Dass die EU bereit ist, auf eine flagrante Benachteiligung heimischer Finanzkonzerne im Wettbewerb mit den Angelsachsen zu reagieren, haben Europas Gesetzgeber dokumentiert, als sie die Anwendung der Regeln für das Handelsbuch verschoben haben. Seither ist die Erwartung der Banken gestiegen, dass ihnen Regulatoren und Aufseher entgegenkommen.
Die aktuellen Empfehlungen der EZB dürften indes eher ernüchtern. Der Maßnahmenkatalog, der unter dem Titel „Vereinfachungen“ die Hoffnung auf merkliche Erleichterungen schürt, lässt zumindest auf den ersten Blick nicht erkennen, wie die Wettbewerbsfähigkeit spürbar gestärkt wird. Die Bündelung von Kapitalpuffern macht den Instituten das Leben nicht erkennbar einfacher, wenn zugleich die Höhe der Mindestanforderungen unangetastet bleibt. Die Bemühungen um eine höhere Qualität von AT-1-Anleihen könnten gar die Refinanzierung eher noch verteuern. Und die Zusagen an Kleinbanken fallen zunächst einmal dürftiger aus als in den Arbeitspapieren von BaFin und Bundesbank.
Gewiss, es gibt Entlastungen bei Melde- und Berichtspflichten – von der Toleranz kleiner Reportingfehler über den engeren behördlichen Austausch von Daten (was einen Teil der Datenlieferungen seitens der Bank entbehrlich macht) bis hin zur Entschlackung von Stresstests oder der Überführung von Richtlinien in Verordnungen (was nationalem Gold-Plating entgegenwirkt). Aber das reicht nicht aus, um die Sorgen der Banken zu besänftigen, im Wettbewerb übervorteilt zu werden.
Um nicht missverstanden zu sein: Es gibt gute Gründe der Aufsicht, auf hohen Kapitalpuffern zu bestehen – und die Resilienz der EU-Häuser gegenüber Ansteckungsgefahren durch Credit Suisse oder Silicon Valley Bank haben das sichtbar zum Ausdruck gebracht. Aber wenn Aufseher Vorschläge mit der Überschrift Vereinfachung versehen, müssen sie auch Vereinfachung liefern.
Wenn Aufseher Verein-fachung versprechen, müssen sie auch
Vereinfachung liefern.
