Dimon fürchtet Kakerlakenplage
Dimon fürchtet Kakerlakenplage
US-Banken
Fall für den Kammerjäger
Von Anna Sleegers
Jamie Dimon ist nicht ohne Grund der dienstälteste CEO der Wall-Street-Banken. Denn kaum etwas wird in der amerikanischen Öffentlichkeit so geschätzt wie Entertainmentqualitäten. Und Dimon hat in fast zwei Jahrzehnten an der Spitze von J.P. Morgan nicht nur (fast) immer die erwarteten Renditen geliefert, sondern auch viele Bonmots. So auch am Dienstag, als er im Analystencall angesichts der Pleite des US-Autoteileherstellers First Brands mit einem originellen Vergleich vor weiteren Verlusten am Markt für Privatkredite warnte: „Wenn man eine Kakerlake sieht, sind aller Wahrscheinlichkeit noch mehr davon unterwegs. Wir sollten alle darauf vorbereitet sein.“
Auch wenn J.P. Morgan nicht zu den Banken mit First-Brands-Exposure gehört, weiß Dimon, wovon er spricht. Denn erst wenige Wochen vorher hatte der US-Anbieter von Subprime-Autokrediten Tricolor neben der Regionalbank Fifth Third auch J.P. Morgan schwer getroffen. Die weltgrößte Bank musste 170 Mill. Dollar abschreiben, was die allgemeine Freude über die Wiederbelebung im Investmentbanking und die erfreuliche Performance im Handelsgeschäft durchaus trübte.
Zwar betonen die US-Banken unisono, dass sie ihre Private-Credit-Portfolios qualitativ hochwertig und breit diversifiziert seien. Und tatsächlich hat sich der Fallout der beiden Pleiten in Grenzen gehalten. Das untermauert die Lehrmeinung, dass eine Verteilung der Kreditrisiken auf viele Schultern eine stabilisierende Wirkung auf das Finanzsystem hat.
Trotzdem sollten sich Aufsichtsbehörden und Regulatoren in Europa genau anschauen, was sich derzeit in den USA abspielt. Gerade auch vor dem Hintergrund der von den Banken geforderten Wiederbelebung des europäischen Verbriefungsmarktes, der seit der Finanzkrise von 2008 weitgehend brach liegt. Um bei Dimons unappetitlicher Metapher zu bleiben: Wo Kakerlaken auftauchen, ist oft die Kanalisation ganzer Straßenzüge betroffen. Die Folgen für die Immobilienpreise können fatal sein – selbst bei bestens gepflegten Objekten in angesagten Lagen.