Dollars und Dämonen
Dollars und Dämonen
Notiert in Tokio
Dollars und Dämonen
Von Martin Fritz
Am Umsatz gemessen ist „Demon Slayer“ derzeit das beliebteste Anime-Franchise der Welt. In den globalen Kinocharts liegt „Demon Slayer: Infinity Castle“ vor „Superman“ und auch vor „F1“ und "The Movie: Mission Impossible – Final Reckoning“. Der japanische Zeichentrickfilm hat weltweit bereits 660 Mill. Dollar eingespielt – eine Zahl, die man eher von einem Mainstream-Hollywood-Hit wie James Bond oder Fast & Furious erwarten würde.
Populärer als Tom Cruise
Es gab schon früher Anime-Booms. „Pokemon: The First Movie“ spielte im Jahr 2000 mehrere 100 Mill. Dollar ein. Im folgenden Jahr kam „Chihiros Reise ins Zauberland“ vom Studio Ghibli heraus und entwickelte sich nach einer Oscar-Auszeichnung im Jahr 2022 zu einem Welterfolg. Aber diesmal scheinen solche Werke ein globaler Trend zu sein. Darauf deuten die parallelen Erfolge der Trickfilme „I am Ne Zha 2“ und „KPop Demon Hunters“ in diesem Jahr. Wenn Tanjiro Kamado, der gezeichnete Protagonist von „Demon Slayer“, populärer ist als Brad Pitt und Tom Cruise, dann sind Anime einfach cool.
Sie kennen Tanjiro Kamado nicht?! In der Demon Slayer-Reihe schließt sich dieser Teenager einer Truppe von Dämonenjägern an, nachdem seine Familie ermordet wurde und die einzige Überlebende, seine jüngere Schwester Nezuko, in einen Dämon verwandelt wurde. Kamado will sie wieder in einen Menschen verwandeln und den Dämonenkönig besiegen.
Riesige Serien-Bibliothek
Mit rund 300 produzierten Anime-Serien pro Jahr könnten japanische Unternehmen das Beste aus dem Anime-Trend herausholen. Diese Content-Industrie hat über viele Jahre hinweg ganz ohne Absicht eine riesige Bibliothek mit Serien und Filmen aufgebaut. „Zufällig passte diese Bibliothek perfekt zu amerikanischen Streaming-Plattformen, die hungrig nach großen Mengen an binge-fähigen Inhalten waren“, schreibt der Anime-Experte Matt Alt. Auf Netflix schaut jeder zweite Nutzer der Plattform solche Filme. Optimistische Prognosen erwarten für 2033 einen Weltumsatz von über 80 Mrd. Dollar.
Der Hauptgrund für diesen Siegeszug liegt darin, dass Anime ihr traditionelles Ghetto der Kinder- und Teenagerfilme verlassen haben. Früher nannte man Anime-Fans „Nerds“ (Englisch) und „Otaku“ (Japanisch). Heute werden diese Wörter kaum noch benutzt und haben ihren verächtlichen Beiklang verloren. In der postindustriellen Gesellschaft schämen sich Erwachsene nicht mehr, sich in die Fantasy-Animewelt zu flüchten – ähnlich wie inzwischen immer Erwachsene Spielzeuge für sich kaufen.
Attraktives Geschäftsmodell
Die Geldmaschine der Dämonenjäger gehört Sony und dem Mangaverlag Shueisha, die den Großteil der Serie über ihre Töchter Aniplex und Crunchyroll kontrollieren. Das Studio Ufotable produziert die Filme selbst. Anders als in der japanischen Branche üblich, ist das Studio auch am Gewinn beteiligt. Sollten mehr Studios diesem Beispiel folgen und sich dabei mit Medienkonzernen wie Sony verbünden, dann könnte diese Geschäfte noch mehr aufblühen.