Doppelschlag für Washingtons Wirtschaft
Doppelschlag für Washingtons Wirtschaft
Notiert in Washington
Washingtons Wirtschaft in der Klemme
Von Peter De Thier
Es liegt auf der Hand, dass ein Verwaltungsstillstand die US-Hauptstadt Washington D.C. härter trifft als andere Metropolen. Schließlich sind in Washington sowie den angrenzenden Bezirken der Staaten Virginia und Maryland mehr als 360.000 Angestellte des Bundes beschäftigt. Während des nun in Kraft getretenen Shutdown könnte mehr als ein Drittel von ihnen entweder beurlaubt werden oder den Job verlieren. Zumal US-Präsident Donald Trump angekündigt hatte, den Shutdown zu nutzen, um viele Bundesbedienstete gleich permanent vor die Tür zu setzen. Gepaart mit den Entlassungen, die Elons Musks Effizienzbehörde DOGE durchsetzen konnte, stellt insofern jede Unterbrechung der Regierungsgeschäfte einen Doppelschlag für die Washingtoner Wirtschaft dar.
So ist die Arbeitslosenquote in der Hauptstadt aktuell bereits auf über 6% gestiegen. Sie liegt damit um zwei Prozentpunkte über dem nationalen Wert. Das hat nicht nur Folgen für Familien, die sich auf einmal die hohen Lebenshaltungskosten in Nachbarstädten Virginias wie Alexandria, Arlington, McLean und Reston nicht mehr leisten können. Denn nicht nur der Jobmarkt leidet. Bundesbedienstete, die im Schnitt sechsstellige Gehälter beziehen, tragen über den Privatkonsum einen großen Teil zur Wirtschaftsleistung bei. Und Konsumausgaben machen in den USA mehr als zwei Drittel der Wirtschaftsleistung aus. Verlieren die Beamten ihre Positionen, würde der Kaufkraftverlust das Wachstum der Washingtoner Wirtschaft weiter drücken.
Häusermarkt leidet
Die wirtschaftliche Flaute findet auch im Häusermarkt ihren Niederschlag. Wie Tracy Hadden Loh von der Denkfabrik Brookings Institution feststellt, ist die Zahl der Eigenheime, die zum Verkauf angeboten werden, deutlich gestiegen. Im Sommer kamen im sogenannten DMV – dem District, Maryland und Virginia – 63% mehr Häuser auf den Markt als im Vorjahr. Das hat während der vergangenen Monate die Preise gedrückt und lässt lokale Bauunternehmen zittern. Vor allem solche, die börsennotiert sind und um ihren Aktienkurs bangen. Ein Beispiel dafür liefert der in Reston ansässige Baukonzern Comstock. Dessen Aktie ist nach einem historischen Höchstwert von fast 200 Dollar heute auf unter 15 Dollar gesunken.
Der Shutdown dürfte den Abwärtstrend am Eigenheimmarkt beschleunigen, meinen Analysten. Die Konjunkturschwäche der Hauptstadt schlug sich seit Trumps Amtsantritt aber auch in den Kapitalströmen nieder. Immerhin sind im DMV Tech-Giganten wie Amazon, Google, Microsoft und Oracle gut vertreten. Deren Präsenz hat wiederum zu zahlreichen Neugründungen geführt, die auf Regierungsaufträge angewiesen sind. Diese Entwicklung ist nun gestoppt. Und das Kapital, das bisher in die Region floss, ist ebenfalls deutlich zurückgegangen. Nach Angaben der National Venture Capital Association schrumpfte die Risikofinanzierung gegenüber den ersten drei Monaten um mehr als 60%, nämlich von 1,3 Mrd. auf 514 Mrd. Dollar.
Volatiles Investitionsklima
Als Gründe nennen die Geldgeber regulatorische Unsicherheit und ein insgesamt volatileres Investitionsklima. „Die Ära, in der die Devise ‚Wachstum um jeden Preis‘ gilt, ist vorbei“, sagt Tahira Dosani, Mitbegründerin von ResilienceVC. Ihre Firma finanziert Star-Ups im FinTech Bereich. „Der Fokus richtet sich jetzt mehr auf Kapitaleffizienz und konkreten Wegen zur Gewinnerzielung“. Von dieser Regel sei auch die Region Washington, so attraktiv der Standort sein mag, nicht ausgenommen.
