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Eigentlich könnte es passen

Die Passungsprobleme am Arbeitsmarkt sind deutlich, aber überwindbar. Man muss sich nur trauen, rechtzeitig anzupacken.

Eigentlich könnte es passen

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Eigentlich könnte es passen

Von Alexandra Baude

Wie passt das nur zusammen? Ein Großteil der Firmen klagt über Fachkräftemangel. Und nicht umsonst wird über Kurzarbeit immer noch gerne am Personal festgehalten, statt es ziehen zu lassen. Andererseits aber stellen sich Industriekonzerne Sparprogramme mit den klangvollsten Namen zusammen und vom Management bis zum Hilfsarbeiter in der Montagehalle werden hunderte bis tausende Jobs gestrichen. Auch Stimmungsindikatoren zeugen vom anhaltenden Stellenabbau. Im Baugewerbe etwa sinkt die Beschäftigung kontinuierlich seit 40 Monaten. Da ist es fast ein Highlight, dass in der Industrie jüngst der geringste Personalabbau seit September 2023 gemessen wurde.

Die Passungsprobleme am Arbeitsmarkt sind überwindbar. Man muss sich nur trauen.

Und während der Strukturwandel Jobs kostet, sorgen Energiewende, Klimawandel & Co. für neue, zusätzliche Arbeitsplätze. Bis 2040 sollen es zwischen 102.000 und 157.000 sein, errechnet das IAB. Es fehlt also nur eine clevere Idee, die freigewordenen Arbeitnehmer genau auf die offenen Stellen zu setzen. Teils sind die geforderten Fähigkeiten nicht so weit auseinander, etwa in der Metall- oder Autozulieferindustrie und dem Energiebereich. Da hilft Weiterbildung.

Gute Ansatzpunkte

Oft aber sind die Personen am falschen Ort. Werkswohnungen wären eine Lösung, solange es an bezahlbarem Wohnraum mangelt. Oder man müsste mehr Frauen von der Teil- in die Vollzeit bringen. Eine gute Idee, wohin dann aber mit Kindern und pflegebedürftigen Angehörigen? Von einer stabilen und bundesweit bezahlbaren Infrastruktur ist Deutschland noch ein gutes Stück entfernt. Bei der Zuwanderung gibt es mit der Anerkennung von Qualifizierungen und der Bürokratie ebenfalls hohe Hürden – die sich Deutschland derzeit nicht leisten kann. Und wenn zwei Vertragspartner sich einig sind, warum nicht den Versuch wagen? Zu selten wird erwähnt, dass man sich auch mehr bemühen müsste, gut ausgebildetes Personal im Land zu halten.

Besser aber wäre, Passungsprobleme gar nicht erst entstehen zu lassen. Etwa, wenn frühzeitig für MINT-Berufe geworben wird. Wer ein Schulkind daheim hat, wird hier nur müde lächeln. Der angestaubte und theorielastige Lehrplan versteht es aufs Allerbeste, die Schüler abzuschrecken. Initiativen des Elternbeirats mit Berufsmessen und ähnlichem reichen bei weitem nicht. Immer noch brechen zu viele Jugendliche wegen falscher Vorstellungen Ausbildung oder Studium ab. Praktikumsplätze, die Abhilfe schaffen könnten, sind oft schwer zu ergattern. Es braucht endlich den Spielraum und Mut, am Arbeitsmarkt und auf dem Weg dorthin mehr auszuprobieren.