Eine Trennung ist unvermeidlich
Affären am Arbeitsplatz
Eine Trennung ist unvermeidlich
Von Martin Dunzendorfer
Es wirkt völlig aus der Zeit gefallen, wie lax in Deutschland mit Beziehungen zwischen Führungskräften oder von Führungskräften mit Mitarbeitenden umgegangen wird. Jedem Beschäftigten wird landauf, landab in Schulungen eingetrichtert, dass z.B. schon die Weitergabe banalster Informationen über Abläufe in der eigenen Abteilung an Kollegen anderer Ressorts gegen gute Corporate Governance verstoßen kann. Doch wenn ein Vorstandsmitglied eine Affäre mit einem/einer Angestellten hat, wird nur hinter dem Rücken der Betroffenen getuschelt und ansonsten weggesehen und so getan, als ob nichts wäre? Das ist Bigotterie.
Von Kiss-Cam beim Coldplay-Konzert ertappt
Die US-Industrie sollte u.a. wegen ihres oft rücksichtslosen Umgangs mit Beschäftigten in aller Regel nicht als Vorbild für Deutschland dienen. Im Fall von Beziehungen am Arbeitsplatz, insbesondere zwischen Führungskräften und Unterstellten, schon. Da kennen die Aufseher kein Pardon. Erst recht nicht, wenn das Verhältnis hausintern verschwiegen wird. Wer sich dann engumschlungen bei einem Coldplay-Konzert von der Kiss-Cam einfangen lässt wie Andy Byron und Kristin Cabot, CEO und Personalchefin der Technologiefirma Astronomer, darf seine Karriere getrost in den Wind schreiben.
Nach 40 Jahren mit Schimpf und Schande vom Hof gejagt
Auch in der Schweiz, in der die Industrie nach humaneren Regeln funktioniert als in den USA, sind Affären am Arbeitsplatz unerwünscht. Wird das Verhältnis verheimlicht und nur durch Zufall oder Whistleblowing bekannt, zeigt sich die ganze Strenge der Aufseher. Selbst eine 40 Jahre lange Karriere im Nestlé-Konzern hat CEO Laurent Freixe nicht davor bewahrt, nun mit Schimpf und Schande vom Hof gejagt zu werden, weil er eine „romantische Beziehung mit einer ihm direkt unterstellten Mitarbeiterin“ unterhielt. „Dies war eine notwendige Entscheidung", sagt Chairman Paul Bulcke und begründet den Rauswurf mit dem Verstoß Freixes gegen Nestlés Werte und Governance. Tatsächlich sind Affären zwischen Vorgesetzten und Weisungsgebundenen grundsätzlich inakzeptabel. Es bleiben nur zwei Optionen für das Paar: Einer muss das Unternehmen freiwillig verlassen oder – Trennung.