KommentarErdgas

Die Unsicherheit hält an

Der europäische Erdgaspreis hat sehr deutlich auf russische Raketenangriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur reagiert.

Die Unsicherheit hält an

EU-Erdgasmarkt

Die Unsicherheit hält an

Von Dieter Kuckelkorn

Seit Oktober 2023 kannte der Preis für Erdgas am europäischen Spotmarkt eigentlich nur eine Richtung: nach unten. Ausgehend von einem Niveau von rund 56 Euro je Megawattstunde für den Monatskontrakt am virtuellen niederländischen Übergabepunkt TTF ging er bis fast 22 Euro zurück. Dies signalisierte Tiefenentspannung der Marktteilnehmer, weil schon fast wieder ein Niveau erreicht war, wie es über mehrere Jahre vor dem Beginn der europäischen Energiekrise zu beobachten war. Zurückzuführen war der Preisrückgang auf ein üppiges Angebot an LNG-Flüssiggas, den warmen Winter, aber auch darauf, dass immer noch Gas aus Russland über Pipelines nach Europa fließt. Neben der Turkstream-Pipeline über die Türkei erreicht russisches Erdgas über die Ukraine die Slowakei. Ungarn, die Slowakei, aber auch Österreich und Italien sind nach wie vor – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – von russischem Gas abhängig.

Es ist daher nicht verwunderlich, dass der europäische Gaspreis sehr deutlich reagierte, als es am Montag umfangreiche russische Angriffe mit ballistischen Raketen auf die ukrainische Energieinfrastruktur gab und der staatliche ukrainische Gaskonzern Naftogaz angab, es sei unter anderem ein unterirdischer Gasspeicher des Konzerns attackiert worden. Der TTF-Monatskontrakt sprang am Montag in der Spitze um 8% auf über 29 Euro, und am Dienstag fiel er nach Gewinnmitnahmen nur leicht auf knapp unter 28 Euro zurück.

Damit dürfte klar sein, dass ein Erdgaspreis innerhalb der Europäischen Union auf dem Niveau vor Beginn der Krise, wie er jetzt für eine kurze Zeit zu beobachten war, lediglich eine zeitweilige Ausnahmeerscheinung sein kann, die es nur bei einem Zusammentreffen günstiger Faktoren gibt. Ein harter Winter, Lieferengpässe oder eben auch der Ukraine-Krieg werden auch künftig die Preise nach oben treiben – eine Rückkehr zu den guten alten Zeiten einer gesicherten Gas- und Energieversorgung mit vertraglich abgesicherten langfristig niedrigen Preisen ist im gegenwärtigen Umfeld leider undenkbar.

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