Brücke oder KrückeDigital Payment

Europas Banken souverän im Abseits

Das mäßige Innovationstempo von Wero macht nicht den Eindruck, als könnte der Bezahldienst gegen Paypal und Co bestehen. Für eine europäische Payment-Lösung erscheint der digitale Euro als bessere Initiative – wenn er bald kommt.

Europas Banken souverän im Abseits

Souverän
im Abseits

Von Heidi Rohde

Seit Donald Trump im Weißen Haus das Zepter schwingt, haben „Resilienz“ und „digitale Souveränität“ Hochkonjunktur. Die hehren Ziele befördern den x-ten Anlauf für die sogenannte Souveräne Cloud und unterstützen auch das jüngste Projekt eines paneuropäischen digitalen Zahlungssystems. So hat die vor etwas mehr als einem Jahr gestartete Payment-Initiative Wero europaweit immerhin schon rund 43 Millionen Nutzer. Vor allem deutsche Institute sind Mitglieder der ersten Stunde. Kein Wunder: Nach den hierzulande produzierten Rohrkrepierern Giropay und Paydirekt ist Wero wohl die letzte Hoffnung, doch noch ein Bollwerk gegen die Payment-Giganten Klarna und Paypal zu errichten.

Die Hoffnung könnte trügen

Allerdings sieht es einmal mehr so aus, als ob die Hoffnung trügt. Denn auch wenn die Nutzerzahlen bisher schnell gewachsen sind, lässt das Innovationstempo von Wero aus Expertensicht zu wünschen übrig. Bisher verharrt der Dienst meist bei simplen P2P-Zahlungen, der Einsatz für E-Commerce ist am Start, die Ladenkasse in Vorbereitung – teils für übernächstes Jahr. Für den Durchbruch einer Funktion, die gefühlt Dekaden später kommt als bei den etablierten Diensten, setzen die beteiligten Banken auf Kostenvorteile für die gewerblichen Nutzer. Spötter meinen unterdessen, das klinge so, als ob sich BMW, Mercedes und VW zusammentäten, um einen neuen „2-Liter-Diesel“ zu entwickeln, während die globale Autoindustrie in der Elektromobilität enteilt.

Die Platzhirsche schlafen nicht

Die wenig innovative „Aufholjagd“ erweckt zudem den Eindruck, als erwarten die Wero-Betreiber, dass die Konkurrenz unterdessen durchschläft. Das Gegenteil ist der Fall. Tech-Konzerne und Blockchain-Ökonomie mobilisieren Milliarden und innovieren quasi im Quartalstakt. So hat Paypal jüngst eine KI-Kooperation mit Google verkündet, um Online-Einkauf und Bezahlprozesse deutlich zu optimieren. Andere integrieren Stablecoins.

Während die Tokenisierung weltweit im Eiltempo voranschreitet, erscheinen die Chancen eines Zahlungssystems auf altgedienter Bankeninfrastruktur langfristig eher zweifelhaft. Im Vergleich dazu ist beim digitalen Euro ein alternatives europaweites Paymentsystem in Sicht, dass immerhin wohl eine moderne Blockchain als Grundlage hat. Hier sollte Europa mehr Tempo machen, denn auch für die Banken ist es sinnvoller, ihr Geld dort zu investieren, wenn sie bei Zahlungssystemen nicht künftig souverän im Abseits stehen wollen.

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