KommentarNeue Strategie der Deutschen Börse

Evolution statt Revolution

Die Deutsche Börse präsentiert in London auf ihrem Kapitalmarkttag eine neue Strategie, die verdächtig nach der alten klingt. Auf das Management wartet noch viel Erklärungsarbeit.

Evolution statt Revolution

Deutsche Börse

Evolution statt Revolution

Von Philipp Habdank

Die Deutsche Börse bringt eine neue Strategie heraus, die verdächtig nach der alten klingt. Das ist zu wenig für die Umwälzungen, die im Markt passieren.

Das Kind brauchte dringend einen anderen Namen. Noch unter Theodor Weimer hatte die Deutsche Börse ihre letzte Strategie aufgelegt und „Horizon 2026“ getauft. Das Ziel war, sich unabhängiger vom zyklischen Handelsgeschäft zu machen und als Plattformbetreiber neu zu erfinden. Dieses Ziel wurde erreicht. Jetzt haben wir bald das Jahr 2026, der Börsenchef heißt mittlerweile Stephan Leithner – und die Strategie nennt sich ab sofort „Leading the Transformation“.

Die Kernfrage ist natürlich: Was ist neu? Die kurze Antwort: Kaum etwas. Nicht mal die Deutsche Börse selbst verkauft „Leading the Transformation“ als revolutionäres Machwerk. Evolution ist angesagt, die Rede ist von Kontinuität und Weiterentwicklung. Auf dem bisher Erreichten aufbauend, will der Börsenbetreiber bei den Veränderungen im Markt ganz vorne mitmischen, Stichwort Tokenisierung und Künstliche Intelligenz – und irgendwann vielleicht auch mal Kapitalmarktunion.

Auf dem Kapitalmarkttag in London, wo die neue Strategie vor Investoren und Analysten vorgestellt wurde, ist immer wieder von 30 Bill. Euro die Rede. Das ist die Summe an Kapital, die in Europa unproduktiv in Sparanlagen steckt und von deren „Mobilisierung“ sich Leithner und sein Management so viel versprechen. Sei es im ETF- oder Fondsgeschäft. Momentan befindet sich die Deutsche Börse in Verhandlungen mit der britischen Fondsvertriebsplattform Allfunds. Hier steht ein Unternehmenswert von 5 Mrd. Euro im Raum – das wäre gemessen am Preis die größte Übernahme der Firmengeschichte.

Ein strategischer„Big Bang“ wäre das gleichwohl nicht, was im Prinzip für die gesamte neue Strategie gilt. Der große Wurf gelang mit „Horizon 2026“ und der Übernahme der dänischen Firma Simcorp, die Software-Lösungen für Assetmanager, Staatsfonds und andere institutionelle Investoren anbietet, kurz: die sogenannte Buy Side. Diese Story war zwar im Detail erklärungsbedürftig, im Grundsatz aber klar.

Die neue „Transformation Story“ hingegen bleibt in vielen Punkten vage. So muss die Deutsche Börse besser erklären, wie sie konkret an dem Wachstum der privaten Kapitalmärkte partizipieren will. Denn die Private Markets werden bei den vielen „Transformations-Projekten“ in Europa zweifellos eine große Rolle spielen. Ob mit oder ohne Beteiligung der Deutschen Börse.