KommentarDieselskandal

Fader Beigeschmack beim Urteilspoker von Ex-Audi-Chef Stadler

Im Prozess um den Abgasbetrug bei Audi rücken die Hauptangeklagten von ihrer Verteidigungslinie auf Druck des Gerichts ab. Während Ex-Motorenentwicklungschef Wolfgang Hatz ein Geständnis ablegte, pokert Ex-CEO Rupert Stadler um die Bedingungen einer Verständigung. Ihnen winkt eine milde Strafe. Das hat einen faden Beigeschmack.

Fader Beigeschmack beim Urteilspoker von Ex-Audi-Chef Stadler

Dieselbetrugsprozess

Fader Beigeschmack

Von Stefan Kroneck

Die Würfel sind gefallen. Mehr als zweieinhalb Jahre nach Beginn des Strafprozesses um den Dieselabgasbetrug bei der Volkswagen-Tochter Audi zeichnet sich vor dem Landgericht München II ein Urteil ab, welches für die beiden Hauptangeklagten voraussichtlich milde ausfällt. Denn nach 162 Verhandlungstagen haben die Verteidiger von Ex-Vorstandschef Rupert Stadler und Ex-Motorenentwicklungschef Wolfgang Hatz eingelenkt. Während Stadlers Anwälte um die Details einer Verständigung ringen, legte Hatz ein Geständnis ab. Das Duo reagierte damit auf einen vor einem Monat abgegebenen Hinweis des Vorsitzenden Richters Stefan Weickert, wonach eine zur Bewährung ausgesetzte Strafe “noch in Betracht” käme, wenn sich die Angeklagten zu ihrer Schuld umfassend bekennen. Ansonsten drohe dem Duo das Gefängnis. Das Gericht sieht die Tatvorwürfe als erwiesen an. Stadler und Hatz stritten diese lange ab. Allerdings ist die Beweislast gegen sie erdrückend. Ihre Verteidigungsstrategie ist gescheitert. Ein Freispruch, auf den sie abzielten, bleibt ihnen verwehrt.

Dass mancher angesichts des Strafmaßes und eines “Deals” zwischen den Prozessbeteiligten den Glauben an den Rechtsstaat verlieren könnte, wäre zwar eine deutlich übertriebene Reaktion. Der Schaden, den Stadler und Hatz mit verursacht haben, steht aber in einem krassen Missverhältnis zu dem bevorstehenden Urteil. Die beiden Angeklagten kommen wohl mit einer Freiheitsstrafe auf Bewährung davon. Dieselgate kostete dem Volkswagen-Konzern bislang 32 Mrd. Euro. Das Duo zahlte seinem ehemaligen Arbeitgeber für die fahrlässige Verletzung von Sorgfaltspflichten jeweils einstellige Millionenbeträge. Vor diesem Hintergrund wird die Urteilsbegründung aufschlussreich sein.

Aus prozessökonomischer Sicht mag eine Verständigung für das Gericht der effiziente Weg sein, um diesen Mammutprozess zu beenden, beklagt sich doch die Justiz generell über eine notorische Überlastung. Wozu aber der ganze Aufwand, wenn am Ende so wenig dabei herauskommt? Das Audi-Dieselbetrugsverfahren hinterlässt einen faden Beigeschmack. Es bringt Wasser auf die Mühlen jener Kritiker, die immer schon gesagt haben, dass “die da oben machen können, was sie wollen”. Wirtschaftsbosse zählen zur Elite in Industriestaaten. Daraus ergibt sich eine Vorbildfunktion. Stadler ist dieser nicht gerecht geworden. Wie bei manchem Gehaltsexzess kann der Prozessausgang in der Öffentlichkeit mit dazu beitragen, die gesellschaftliche Kluft zu vergrößern. Die Justiz steht hier in einer Mitverantwortung.