Fondsservicebanken sortieren sich strategisch neu
Umbruch im Maschinenraum der Fondsbanken
Fondsservicebanken sortieren sich strategisch neu – mit spürbaren Folgen für Millionen Depotkunden, ihre Berater und die Zukunft des Wertpapiergeschäfts in Deutschland.
Von Wolf Brandes, Frankfurt
Jahrelang agierten sie eher im Hintergrund: Fondsservicebanken, die Milliarden an Kundengeldern verwalten, meist ohne eine Endkundenbeziehung zu pflegen. Doch inzwischen stehen Institute wie die FNZ und FIL Fondsbank (FFB) im Zentrum eines Wertpapiermarkts, der sich unter dem Einfluss regulatorischer Auflagen, technologischer Sprünge und neuer Wettbewerber verändert hat. Die Branche, die einst durch ihre Spezialistenstruktur und vergleichsweise stabile Geschäftsmodelle geprägt war, steht vor der Herausforderung, sich strategisch neu zu positionieren.
Konsolidierung bald abgeschlossen
Der Umbruch begann mit einer Welle der Konsolidierung. FNZ, ein technologiegetriebener Finanzkonzern mit Wurzeln in London und Wellington, übernahm 2019 die Ebase, integrierte später Teile der Augsburger Aktienbank und vollzog 2025 schließlich die Fusion mit der Fondsdepot Bank. Aus diesen Schritten ging die heute größte Fondsbank im deutschen Markt hervor: Über 2 Millionen Depots und rund 135 Mrd. Euro an verwaltetem Vermögen. „Wir wachsen bewusst behutsam“, sagt Peter Karst, CEO der FNZ Bank in Deutschland. „Die technische Integration ist der kritischste Punkt – der Kunde fragt sich: Wo ist mein Login? Was hat sich verändert?“
Man habe aus den vergangenen Migrationen gelernt. „Die Erfahrungen aus der Übernahme der Augsburger Aktienbank haben uns gezeigt, wie sensibel solche Prozesse selbst bei guter Planung sind. Es hat Monate gedauert, bis wir die Servicequalität und Erreichbarkeit wieder auf das gewünschte Niveau bringen konnten.“ Deshalb verzichtet FNZ aktuell bewusst darauf, die technische Plattform der übernommenen Fondsdepot Bank sofort zu verändern. „Das reduziert Komplexität und gibt Raum, organisatorisch zusammenzuwachsen, bevor technisch integriert wird“, erklärt Karst.
Starke Bindung an Pools und Vermittler
Der wichtigste verbliebene unabhängige Wettbewerber heißt FIL Fondsbank, kurz FFB, und gehört zum Assetmanager Fidelity International. Sie verfolgt einen etwas anderen Kurs: keine Komplettübernahmen, sondern selektive Buchtransfers, eine starke Bindung an Pools und Vermittler, organisches Wachstum statt Wachstum auf dem Reißbrett. „Wir setzen auf organisches Wachstum, haben aber auch selektiv Bücher übernommen – unter anderem von Metzler und Oppenheim“, sagt Geschäftsführer Jan Schepanek.
Heute betreut die FFB rund 42 Mrd. Euro an Kundengeldern, verwaltet 650.000 Depots und arbeitet mit über 25.000 Beraterinnen und Beratern zusammen. „Wenn man sich den Markt der Plattformen für 34f-Vermittler anschaut, gibt es wenige Player – und unter denen sehen wir uns als Qualitätsführer“, so Schepanek. Der Wettbewerb ist dabei keineswegs mehr auf klassische Plattformanbieter begrenzt – vielmehr sind Fondsbanken zunehmend mit völlig neuen Konkurrenten konfrontiert.
Beide Institute stehen derzeit unter verschärfter Beobachtung der Finanzaufsicht. Bei FNZ intervenierte die BaFin im Rahmen der Integration der Fondsdepot Bank, bei der FFB bemängelte sie organisatorische Defizite in den Altstrukturen. Karst geht offen mit den Vorgängen um: „Wir hatten bei beiden übernommenen Banken in der Vergangenheit Defizite, was die regulatorische Aufstellung betrifft. Die BaFin hat uns das offen und deutlich gespiegelt – und das zu Recht.“ Man habe in der Folge die internen Strukturen gestärkt und befinde sich in einem kontinuierlichen Dialog mit der Aufsicht. „Compliance ist keine Nebenbaustelle, sondern zentrales Führungsanliegen“, sagt er.
Im Fokus der BaFin
Auch Schepanek betont, dass die Anforderungen der Aufsicht weitreichend seien: „Wir sind nicht die einzige Fondsplattform, bei der die BaFin tätig geworden ist – es betrifft ausschließlich das Thema IT.“ Zwar habe man viel erreicht, so Schepanek, „aber nicht in allem 100%. Und das gehen wir jetzt an.“ Dabei gehe es nicht um den guten Willen, sondern um die technischen Realitäten: „Die Anforderungen der Aufsicht greifen tief in die Altlandschaften ein. Deshalb sehen wir diese Diskrepanz nicht nur bei uns, sondern auch bei vielen Wettbewerbern.“
Der regulatorische Druck hat zugleich als Katalysator für technische Modernisierung gewirkt. FNZ setzt dabei auf Eigenentwicklung. „Der Einsatz von KI ist für uns ein strategisches Thema, aber wir müssen ihn mit Bedacht angehen“, erklärt Karst. Viele KI-Anbieter seien US-amerikanisch, wodurch automatisch die Frage entstehe: „Wer kontrolliert das Wissen? Wo liegen unsere Daten?“ FNZ entwickelt deshalb KI-Tools intern und stellt sie gezielt B2B-Partnern zur Verfügung. Auch die FFB hat sich von ihrer papier- und faxlastigen Vergangenheit verabschiedet.
Börslicher ETF-Handel geplant
„Heute setzen wir konsequent auf Digitalisierung, auch wenn manche Kunden noch ein Fax schicken“, sagt Schepanek. Besonders deutlich wurde das bei der Umsetzung der aktiven Kundenzustimmung: Statt Millionen Briefe zu verschicken, entwickelte die FFB gemeinsam mit Vermittlern und Pools eine digitale Lösung – mit messbarem Erfolg. Weitere Digitalisierungsschritte folgen: „Wir planen, im September den börslichen ETF-Handel einzuführen – das ist besonders für unser Direktgeschäft eine wichtige Ergänzung.“
Dabei ist der Wettbewerb längst vielschichtiger als früher. Neobroker wie Trade Republic und Scalable Capital zählen Millionen Depots. Sie punkten mit null Gebühren, App-basiertem Zugang und Marketingpower – und greifen zunehmend ins Fondsgeschäft ein. ETF-Sparpläne und einfache Zugänge zu aktiv gemanagten Fonds sind längst Standard.
FNZ verweist darauf, dass das Verhalten der eigenen Kunden sich deutlich unterscheide. „Unsere Kunden sind langfristig orientiert – mit Umschlagsraten von 0,3 bis 0,4. Bei Trading-Plattformen liegen diese bei 3 oder 4 – das zeigt, wie stabil unser Kundenstamm agiert“, so Karst. Auch Filial- und Direktbanken sind nach wie vor starke Konkurrenten. Parallel dazu wächst der Einfluss spezialisierter Häuser wie der V-Bank in München oder der DAB Bank, heute Teil von BNP Paribas. Beide Institute setzen auf ein B2B-Modell und bedienen Vermögensverwalter. Ihr schlankes Setup, die Spezialisierung auf verwahrende Tätigkeiten und die wettbewerbsfähige Preisgestaltung machen sie zu ernst zu nehmenden Herausforderern.
Immer mehr Konkurrenz
Hinzu kommen Fintechs, die Wertpapierlösungen tief in bestehende digitale Ökosysteme integrieren – vom Versicherungsportal bis zur Lifestyle-App. FNZ versucht, diese Entwicklung mit modularen Plattform-Bausteinen abzufangen, die über Banking-as-a-Service-Modelle eingebunden werden. Die FFB wiederum setzt auf enge Integration mit Pools und Vermittlern. „Vermittler wechseln zunehmend von Bestandsprovisionen zu servicebasierten Gebührenmodellen – das macht sie flexibler und zukunftssicherer. Der Trend geht klar zur Vermögensverwaltungslösung“, sagt Schepanek.
Was bleibt, ist ein enges Spielfeld – aber auch ein wachsender Bedarf an Spezialisierung. Fondsbanken sind heute keine Nischenakteure mehr. Sie sind zentrale Bestandteile eines Ökosystems, das sich zwischen Regulatorik, Technologie und Kundenbedürfnissen neu ordnet.