Nun ist es geschehen: Erstmals seit März ist die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen unter die Marke von 2 Prozent gefallen. Am Mittwoch hat sie bis auf 1,954% nachgegeben. Dies ist bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass der Satz im Oktober dieses Jahres erstmals seit immerhin zwölf Jahren kurzzeitig über die Marke von 3% geklettert war.

Seit Oktober ist viel geschehen. Die amerikanischen Notenbank Federal Reserve hat deutlich gemacht, dass sie es aller Wahrscheinlichkeit nach bei den bisherigen Leitzinsanhebungen belassen wird. Nun wird an vielen Finanzmärkten spekuliert, dass es früher oder später – vermutlich früher – die ersten Leitzinssenkungen durch die Fed geben wird. Viele Beobachter gehen von 150 Basispunkten im kommenden Jahr aus. Dementsprechend ist die Rendite zehnjähriger US-Treasuries mit 3,9% auch bereits unter der Marke von 4% angekommen. Die Europäische Zentralbank dürfte dem Beispiel der Fed mit etwas Zeitverzug folgen und ebenfalls senken.

Der Rückgang der Renditen diesseits und jenseits des Atlantiks preist vor allem zwei Entwicklungen ein: zum einen die Konjunkturschwäche in Europa und den USA, zum anderen, dass es den Notenbanken weiterhin gelingen wird, die Geldentwertung unter Kontrolle zu bekommen. In der Eurozone kommt sie sogar wieder in Sichtweite des offiziellen Inflationsziels der EZB von 2%. Zwar wollen einige Ökonomen nicht ausschließen, dass es wieder zu einem Anstieg der Geldentwertung kommen könnte, der dann aber nur ein kurzzeitiges Phänomen sein wird.

Was die Konjunkturseite betrifft, so sind die Erwartungen für die Eurozone im kommenden Jahr inzwischen sehr gedämpft, für Deutschland ist das Schreckenszenario einer Deindustrialisierung immer noch real. Und in den USA könnte es im Jahresverlauf 2024 doch noch zu einer wenn auch flachen und kurzzeitigen Rezession kommen. Das, so wird am Markt vermutet, wird die Notenbanken dazu zwingen, gegenzusteuern, was dafür spricht, dass Fed und EZB sich nicht unnötig Zeit lassen werden, bevor sie an der Zinsschraube drehen. All das nimmt der Markt für Bundesanleihen derzeit vorweg.

Mit sinkenden Renditen steigt bekanntlich das Kursniveau an den Bondmärkten. Anleger wollen an diesen Kursgewinnen teilhaben, sie dürften verstärkt in den Markt einsteigen und damit die Kurse noch weiter nach oben treiben. 2024 verspricht damit ein sehr positives Jahr an den Bondmärkten zu werden, was nach den Enttäuschungen des zu Ende gehenden Turnus sicherlich hochwillkommen ist.