Notiert inMadrid

Hauptstadt von Lateinamerika

In Madrid leben eine Million Menschen mit lateinamerikanischen Wurzeln. Es kommen zunehmend mehr betuchte Personen und auch Investoren.

Hauptstadt von Lateinamerika

Hauptstadt von Lateinamerika

Die diesjährigen Feierlichkeiten des spanischen Nationalfeiertages am 12. Oktober, dem Tag als Kolumbus 1492 erstmals Fuß auf amerikanischen Boden setzte, fielen so bunt aus wie nie zuvor. In Madrid feierte man den Día de la Hispanidad mit einem großen Festival aller spanischsprachigen Nationen. Das Gastland war Argentinien. Ein bunter Umzug folkloristischer Gruppen zog über die Gran Vía und das Konzertprogramm reichte von Latino-Größen wie Gloria Estefan, Elíades Ochoa von Buena Vista Social Club, dem legendären Salsa-Orchester Sonora Ponceña aus Puerto Rico bis zum angesagten Electro-Cumbia-Sound von Bomba Estéreo aus Kolumbien. Das begeisterte Publikum wedelte Flaggen der meisten Nationen aus Übersee.

Jetzt kommen die Reichen

Madrid kann auch über den Día de la Hispanidad den Anspruch stellen, die heimliche Hauptstadt Lateinamerikas zu sein. Mittlerweile sind über eine Million der sieben Millionen Einwohner der Metropolregion in Amerika geboren. In der Vergangenheit zog es vor allem ärmere Bevölkerungsschichten nach Spanien auf der Suche nach Arbeit und einem besseren Leben. Doch in den letzten Jahren haben sich besonders in Madrid die betuchteren Oberschichten aus Caracas, Mexiko, Bogotá oder Lima niedergelassen. Die Reichen schätzen die Sicherheit und den Lebensstil der spanischen Metropole. Der Trend hat die Preise auf dem Markt für Luxusimmobilien, etwa im noblen Salamanca-Viertel, explodieren lassen und zeigt sich im Anstieg von hochpreisigen Restaurants und Clubs. BBVA eröffnete im Salamanca-Viertel eine Bankfiliale extra für wohlhabende Kunden „aus Mexiko, Kolumbien und Peru, die ihr Vermögen außerhalb ihrer Ursprungsländer diversifizieren möchten“.

Börse in Madrid spürt das zunehmende Interesse

Das Interesse der lateinamerikanischen Oberschichten ist auch an der Madrider Börse zu spüren. Zwar sind Top-Manager aus Übersee in den Konzernen des Ibex 35 noch eher die Ausnahme, wie etwa der Mexikaner Héctor Grisi, CEO von Spaniens größter Bank Santander. Doch in den Aufsichtsräten nimmt der Anteil von Lateinamerikanern zu, die auch oft Investoren sind. Einer davon gelangte nun zu Berühmtheit in den Wirtschaftsmedien. Der mexikanische Investor David Martínez erklärte als einziger Großaktionär von Banco Sabadell, mit knapp 4%, dass er das feindliche Kaufangebot von BBVA annehme. Das brachte den langjährigen Vorsitzenden der katalanischen Bank, Josep Oliu, auf die Palme. In einem Radiointerview wetterte der Banker gegen seinen mexikanischen Aktionär. „Ich sehe, dass du keine Ahnung hast, wer unsere Kunden sind. Du bist ein Investor von der Wall Street und willst nur den Gewinn maximieren“. Martínez antwortete zurückhaltend: „Es gibt bestimmt konstruktivere Wege, um über die Vorzüge des Angebots zu diskutieren, als mich zu beleidigen und als Ignorant zu bezeichnen“, erklärte der Mexikaner. Der Eklat vor dem Hintergrund der Übernahmeschlacht dürfte andere vermögende Personen aus Lateinamerika allerdings kaum davon abhalten, in Madrid ihre Zelte aufzuschlagen.

Von Thilo Schäfer

Notiert in Madrid