Blickfeld35 Jahre Dax

Herzlichen Glückwunsch, Dax!

Der Dax ist eine echte Erfolgsgeschichte aus Frankfurt. Nun feiert der Deutsche Aktienindex, der aus dem Index der Börsen-Zeitung hervorging, bereits seinen 35. Geburtstag. Die langfristige Performance des Dax beindruckt.

Herzlichen Glückwunsch, Dax!

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Herzlichen Glückwunsch, Dax!

Der Deutsche Aktienindex feiert seinen 35. Geburtstag – Langfristig starke Performance

Von Werner Rüppel, Frankfurt

CNBC, BBC, CNN, n-tv und natürlich ARD und ZDF. Auf allen internationalen und nationalen Fernsehsendern wird er tagtäglich mehrfach erwähnt: Der Deutsche Aktienindex, kurz Dax. Das geht bis hin zur Schalte aufs Börsenparkett, wo dann eine Reporterin oder ein Reporter den Stand des Dax mittels der großen Dax-Tafel einfängt. Auch online über Apps und Websites ist der deutsche Leitindex überall präsent. Und in jeder Qualitäts- und Wirtschaftszeitung wird täglich über seinen Stand berichtet. Kurzum: Der Börsen-Dax hat die Medien erobert. Und das zumindest hierzulande noch stärker als Dow Jones, Euro Stoxx oder auch die Notenbank EZB.

Der Dax ist eine echte Erfolgsgeschichte aus Frankfurt. Wenn es ihn nicht bereits gäbe, müsste frau oder man ihn schleunigst erfinden. Nun feiert er bereits seinen 35. Geburtstag. Denn der zunächst 30 Titel umfassende und im September 2021 auf 40 Aktien erweiterte deutsche Leitindex ist am 1. Juli 1988 gestartet. Auf 1.000 Punkte wurde der Aktienindex bereits per 31. Dezember 1987 normiert.

Der Dax war aber keine völlige Neuentwicklung. Er baut auf dem bereits 30 Titel umfassenden Index der Börsen-Zeitung auf, der schon Mitte der achtziger Jahre viermal am Tag berechnet wurde und damit den Indizes anderer Zeitungen weit voraus war. „Wir hatten damals den einzigen Index in Deutschland, der mehrmals am Tag berechnet wurde. So hatten wir einen Laufindex“, berichtet Frank Mella, der als Redakteur dieser Zeitung den Index der Börsen-Zeitung (BZ-Index) betreute. Entsprechend haben dann diese Zeitung, die Frankfurter Wertpapierbörse – die Deutsche Börse AG war damals noch nicht gegründet – sowie die Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Wertpapierbörsen den Deutschen Aktienindex entwickelt.

Den Namen Dax hat Mella, der 1995 für die Entwicklung des Dax sogar mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde, aber nicht erfunden. Das war Manfred Zaß. Denn vor rund 35 Jahren hatte der damalige Vorstand der DGZ und stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Frankfurter Wertpapierbörse beim Spaziergang mit seinem Hund den glücklichen Einfall: Dax soll der neue Deutsche Aktienindex heißen. DAI war ja bereits als Börsenkürzel an Daimler-Benz vergeben, und eine mögliche Alternative wie Dux hat auch heute noch keinen guten Klang.

Dass der Dax so einschlagen würde und Indizes von Zeitungen wie der Index der FAZ schon bald überhaupt keine Rolle mehr spielen würden, war 1988 von kaum jemandem erwartet worden. Auch Mella hat zu Beginn nicht mit solch einer Erfolgsgeschichte gerechnet: „Eine Ahnung, dass da viel mehr daraus werden könnte, habe ich spätestens dann bekommen, als Futures auf den Dax aufgelegt wurden.“

Der große Erfolg des Dax hat in erster Linie vier Gründe: Erstens das von Beginn an bereits fortschrittliche Indexdesign, das von der Deutschen Börse mit Hilfe der Frankfurter Community auch dauernd gepflegt und über die Jahre mehrmals verbessert wurde. Zweitens wurde der Dax von Beginn an so konstruiert, dass er gut als Basis für die Terminmärkte, sprich Futures und Optionen, taugt. Hinzu kommt drittens die Leistungsfähigkeit der führenden deutschen Aktiengesellschaften, die sich in der langfristig phänomenalen Performance des Leitindex niederschlägt. Übrigens zählen Werte wie Allianz, BASF, Bayer, BMW, Deutsche Bank, Henkel, RWE, Siemens oder Volkswagen zu den Dinosauriern im Dax, die von Beginn an im Index der größten deutschen Aktiengesellschaften vertreten sind. Viertens haben die Medien den Dax bis in die Wohnzimmer der Deutschen und in alle Welt getragen.

Die Performance des Dax ist beeindruckend: Normiert mit 1.000 Punkten zum Jahresbeginn 1988, gestartet mit 1.163 Zählern am 1. Juli 1988, notiert der deutsche Leitindex nach einem Allzeithoch auf Schlusskursbasis von exakt 16.271,75 Punkten am 5. Januar 2022 aktuell bei 15.700 Zählern. Anleger hätten also über gut 35 Jahre einen Einsatz von 1.000 Euro auf rund 15.700 Euro gesteigert, entsprechend einer Rendite von 8,1% pro Jahr.

Der Dax ist ein durchaus zyklischer Index, weil viele deutsche Blue Chips Zykliker sind, das sollten Anleger wissen. Doch trotz Rückschlägen, die beim Dax schon einmal wie beim Platzen der Dotcom-Blase zu einem Wertverlust von 70% in der Spitze geführt haben, lohnt die Anlage in deutsche Standardwerte langfristig. Gerade massive Einbrüche des Dax haben sich dabei stets als langfristige Kaufgelegenheiten erwiesen.

Ein Vorteil des Dax ist seine Konstruktion als Performance-Index, so dass in ihm die Wertentwicklung der führenden deutschen Aktien vollständig abgebildet wird. Denn die Dividenden der im Index enthaltenen Titel nebst ihrer Wiederanlage sowie der Wert der Bezugsrechte bei Kapitalerhöhungen haben über die Jahre zu mehr als der Hälfte zur Dax-Performance beigetragen. Aktuell liegt der Dax-Kursindex, der ebenfalls per Ultimo 1987 mit 1.000 Punkten normiert wurde, bei 6.385 Zählern. Das sind gerade einmal 40,7% des Stands des Dax-Performanceindex.

Gewiss wurden auch Mängel an der Indexkonstruktion deutlich, die 1988 wahrscheinlich noch nicht absehbar waren und die – darauf kommt es an – inzwischen alle behoben sind. So wurde der Dax zunächst nicht auf Basis des Free Floats eines Titels, sondern aufgrund der gesamten Marktkapitalisierung berechnet, was zu Verzerrungen führte, nicht zuletzt auch im Fall der Deutschen Telekom. Auch die Einführung von Fast-Entry- und Fast-Exit-Regeln sowie der Beschränkung des Gewichts eines Indextitels im Dax auf maximal 10% waren hilfreich. Mella war übrigens von Beginn an der festen Überzeugung, dass der Dax als handelbarer Index auf Free-Float-Basis berechnet werden müsse. „Damit habe ich mich anfangs nicht durchsetzen können“, sagt der frühere Redakteur dieser Zeitung. „Aber nach zäher Überzeugungsarbeit hat die Deutsche Börse den Dax ab Mitte 2002 dann doch auf Basis des Free Floats berechnet.“

Inzwischen entscheidet auch nicht mehr ein Arbeitskreis Dax, wer in den Leitindex aufgenommen wird. Vielmehr liegt ein transparentes und für jedermann nachvollziehbares Regelwerk vor, das auch in einem ausführlichen Leitfaden festgehalten ist. Eine Anekdote am Rande hierzu: 1995 hatte sich ein Kreditinstitut im damals entscheidenden Arbeitskreis gegen die Aufnahme von SAP in den Index ausgesprochen. Software wurde dabei als kurzfristiges Modeinvestment gesehen. Zum Glück ist der Arbeitskreis diesem Einwand nicht gefolgt, und SAP wurde in den Dax aufgenommen.

In seiner 35-jährigen Gesichte blieb der Dax von Skandalen nicht verschont. Der eine große ist die Kursexplosion und der anschließende Niedergang der T-Aktie, die Anfang des Jahrtausends durch die damalige Indexkonstruktion begünstigt wurde. Hier hat die Deutsche Börse durch die Umstellung auf Free Float reagiert. Der zweite noch größere Skandal ist das Wirecard-Desaster. Dass eine Firma durch Betrug bis in den Dax aufgestiegen ist, kann allerdings nicht dem Dax angelastet werden. Hier sind in erster Linie der Wirtschaftsprüfer und die Aufsichtsbehörden schuld. Und die Deutsche Börse hat in diesem Zusammenhang auch Defizite im Dax zum Großteil beseitigt. So werden insolvente Unternehmen inzwischen innerhalb von zwei Handelstagen aus den Dax-Indizes genommen. Daher wird es nicht mehr vorkommen, dass ein Pleitewert wie Wirecard noch lange dem Dax angehört.

Der Jubilar Dax überzeugt indes nicht allein durch sein Indexdesign und seine Performance. Der Dax bietet Anlegern zudem ein hohes Maß an Investierbarbeit inklusive Absicherungsmöglichkeiten. Für Privatanleger gibt es preisgünstige Dax-ETFs, für die Profis liquide Dax-Futures und -Optionen. Ein toller Index wird 35. Herzlichen Glückwunsch, Dax.

Bereits 30 Jahre Dax wurden groß gefeiert.