Im Blickfeld Unicredits Kampf um die Commerzbank

HVB floriert im Schatten der Übernahmeschlacht

Im Übernahmepoker um die Commerzbank steht die kerngesunde Unicredit-Tochter HypoVereinsbank (HVB) noch am Rande des Geschehens.

HVB floriert im Schatten der Übernahmeschlacht

HVB floriert im Schatten des Übernahmekampfs

Im Ringen des Mutterkonzerns Unicredit um die Commerzbank präsentiert sich das Münchner Institut kerngesund

Von Stefan Kroneck, München

Andrea Orcel ist taktisch sehr geschickt. Im Werben um die Übernahme der Commerzbank bringt der CEO von Unicredit auch die deutsche Tochtergesellschaft HypoVereinsbank (HVB) ins Spiel. Seinen Worten zufolge würde es sich um einen Zusammenschluss zweier deutscher Großanken handeln. Diese ergänzten sich. Auf diese Weise tritt er der Warnung des gelben Geldhauses entgegen, dass ihr ein Kahlschlag drohe, sollte das italienische Kreditinstitut seinen Plan umsetzen, die zweitgrößte deutsche Geschäftsbank mehrheitlich zu schlucken.

Unicredit verfügt mit einem Anteil an dem Frankfurter Institut von 26% über eine Sperrminorität und hat sich insgesamt bis zu 30% des Grundkapitals gesichert. Überschreitet die ambitionierte Mailänder Bank diese Schwelle, wäre ein Übernahmeangebot an die übrigen Commerzbank-Aktionäre fällig. Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass dies eintreten wird. Wie allerdings ein Zusammenschluss vonstatten gehen würde, ist offen. Das läge dann weitgehend in der Hand der Konzernführung von Unicredit.

Bei den Avancen von Orcel, der zugleich Aufsichtsratschef der HVB ist, nimmt die drittgrößte deutsche Geschäftsbank zunächst die Rolle eines Zuschauers ein. Sämtliche Entscheidungen im Rahmen des Übernahmekampfs werden in der Unicredit-Zentrale gefällt. Nach einem erfolgreichen Erwerb stände die Integration der Commerzbank in das Unicredit-Reich an. Dann begänne die Kärrnerarbeit für Unicredit. Angesichts der Komplexität der Aufgabe würde das viele Kapazitäten binden.

Rolle des Juniorpartners

Im Falle einer Fusion beider deutscher Großbanken unter dem Schirm von Unicredit wäre die HVB eine Art Juniorpartner. Denn die Commerzbank ist mit einer Bilanzsumme von insgesamt 574 Mrd. Euro nahezu doppelt so groß wie die weiß-blaue Adresse (Stand Ende Juni 2025). In Bezug auf die Zahl der Beschäftigten ist der Unterschied ebenfalls gewaltig. Während die HVB auf über 8.700 Vollzeitkräfte kommt, hat die Commerzbank-Gruppe mehr als 39.200 Mitarbeiter. Auf Deutschland entfällt davon der Löwenanteil von über 25.000 Personen.

Auch die Rechtsformen sind verschieden: Während die Commerzbank als AG firmiert, wandelte sich die HVB unter Orcels Regie von einer AG zu einer GmbH. Diesen ungewöhnlichen Schritt begründete der Unicredit-CEO vor allem mit Einsparungen und Effizienzsteigerungen in organisatorischen Abläufen. Der italienische Alleineigentümer kann bei der Münchner Tochter nunmehr noch stärker durchregieren. Die Unicredit, die vor 20 Jahren die HVB übernommen hatte, hält seit 2008 die Anteile der bayerischen Tochter komplett.

In Bezug auf ihre Ertragskraft profitieren sowohl die Commerzbank als auch die HVB vom Schwung an den Kapitalmärkten und relativ stabilen Zinsen nach dem Ende einer langen Zinstiefphase. Beim Konzernergebnis vor Steuern (nach IFRS-Rechnungslegung) agiert die HVB fast auf Augenhöhe mit der Commerzbank, wenn man Eckdaten des ersten Halbjahres in Betracht zieht. In den Monaten Januar bis Juni verdienten die Münchner vor Steuern 1,7 Mrd. Euro (+10)%, die Frankfurter fast 1,9 Mrd. Euro (-5%). Der leichte Rückgang ist Folge von Restrukturierungsaufwendungen. Anfang des Jahres beschloss die Commerzbank-Führung, konzernweit 3.900 Stellen zu streichen. Davon entfallen auf Deutschland 3.300.

Langer Umbauprozess

Im Duell zwischen Orcel und Commerzbank-CEO Bettina Orlopp um die Gunst der Streubesitz-Aktionäre der „Gelben“ agiert die HVB derzeit weitgehend im Schatten, arbeitet aber stringent weiter an ihrer Kosteneffizienz. HVB-Chefin Marion Höllinger, die die Bank seit März 2023 führt, setzt damit einen Umbauprozess fort, den die Unicredit-Gruppe vor Jahren eingeleitet hatte – nach ihrer überwundenen Existenzkrise auf dem Höhepunkt der Finanzmarktkrise. Die HVB strich ihr Filialnetz zusammen und in mehreren Etappen tausende Stellen.

Heute präsentiert sich das geschrumpfte Institut kerngesund und hochprofitabel. In der ersten Hälfte dieses Jahres steigerte sie ihre operativen Erträge um 2% auf 2,9 Mrd. Euro. Für den Schub sorgte vor allem das Zinsergebnis, welches Rückgänge im Provisionsergebnis und Handelsüberschuss mehr als ausgleichen konnte. Zugleich drückte die HVB den Personalaufwand um 4% auf 586 Mill. Euro. Das trug dazu bei, dass die gesamten Verwaltungsaufwendungen um 7% auf 1,1 Mrd. Euro zurückgingen.

Das operative Ergebnis nach Kreditrisikovorsorge legte überproportional um 12% auf 1,7 Mrd. Euro zu. Dafür sorgten deutlich geringere Zuführungen zur Risikovorsorge. Diese fielen um über zwei Fünftel auf 76 Mill. Euro zurück. Unter dem Strich verdiente die HVB nach Steuern 1,1 Mrd. Euro (+9%). Die Bayern steuerten damit nahezu ein Fünftel zum Ergebnis der gesamten Unicredit-Gruppe bei.

Firmenkundengeschäft überwiegt

Bei der HVB überwiegt das Firmenkundengeschäft. Mit 790 Mill. Euro (+6%) machte es im ersten Halbjahr zwei Drittel des erwirtschafteten Überschusses aus. Der Retailbereich steigerte den Nettogewinn um 16% auf 260 Mill. Euro. Das waren 22% des gesamten Überschusses der HVB. Mit einer erzielten Cost-Income-Ratio von 36,8% zählt die HVB zu den profitabelsten Banken in Deutschland.