Notiert inNew York

Hot Dogs und Haie am Independence Day

Der Kaufhausbetreiber Macy's und die Restaurantkette Nathan's nutzen den US-Unabhängigkeitstag, um sich öffentlichkeitswirksam zu inszenieren. Für andere Unternehmen gehen entsprechende Versuche eher nach hinten los.

Hot Dogs und Haie am Independence Day

Notiert in New York

Hot Dogs und Haie zum Feiertag

Von Alex Wehnert

Ein spektakuläres Feuerwerk taucht den East River in ein buntes Licht, mehr als 60.000 Raketen jagt der Kaufhausbetreiber Macy’s am 4. Juli in den Abendhimmel über New York City. Der pyrotechnische Salut bildet den Höhepunkt der Feierlichkeiten zum US-Unabhängigkeitstag, in deren Verlauf sich Prominente wie Rapper LL Cool J und R&B-Sängerin Ashanti bei ihren Auftritten die Klinke in die Hand geben.

Neben Macy’s nutzen auch weitere Unternehmen den Nationalfeiertag, um sich öffentlichkeitswirksam zu inszenieren. Die einen stellen sich dabei geschickter an als die anderen: Der Eiskremhersteller Ben & Jerry’s sorgt mit einem Tweet für Empörung, in dem er betonte, dass die USA auf geraubten Land existierten, das indigenen Völkern gehöre. Im Netz häufen sich nun die Boykottaufrufe für Ben & Jerry’s-Produkte – zuletzt hatten konservative und rechte Kommentatoren bereits erfolgreich Stimmung gegen die Anheuser-Busch-Biermarke Bud Light gemacht, die für eine Werbekampagne mit der Trans-Persönlichkeit Dylan Mulvaney kooperierte.

Die Restaurantkette Nathan’s setzt statt politischer Statements traditionell auf Entertainment. So richtet sie auf der für ihre Vergnügungsparks bekannten Halbinsel Coney Island im Süden Brooklyns ihr internationales Hot-Dog-Wettessen aus. Um den Contest ranken sich zahlreiche Mythen: Selbst im Wikipedia-Eintrag ist vermerkt, dass die Veranstaltung seit 1916 alljährlich abgehalten wird – eine Marketingtaktik, wie einer der ursprünglichen Organisatoren 2010 zugab. In Wahrheit findet das Wettessen seit den 1970er-Jahren statt, die aktuelle Ausgabe verläuft besonders dramatisch.

Dies liegt weniger an der “sportlichen” Komponente beim Spitzenereignis der von den Nathan’s-Gründern betriebenen Major League Eating. Denn Top-Favorit Joey Chestnut verteidigt seinen Titel bei den Herren souverän, indem er sich binnen zehn Minuten 62 Hot Dogs in den Rachen stopft. Bei den Damen distanziert Siegerin Miki Sudo (39,5 Hot Dogs) die nächste Konkurrentin um sechs Wurstlängen. Doch stärker als der Wettmampf hält das Wetter das zahlreich erschienene Publikum in Atem.

Minuten vor Auftakt des Herreneinzels prasselt Regen auf Coney Island nieder, auf starken Blitzschlag hin räumt die Polizei die Veranstaltung. Nach Ende des Gewitters setzt Nathan’s den Contest, dessen Erstplatzierte 10.000 Dollar erfuttern, schließlich fort. Er werde niemals aufgeben, ruft Gastgeber George Shea, zugleich Mitgründer der Restaurantkette und der Major League Eating, den verbleibenden Fans in zum Unabhängigkeitstag angemessen pathetischem Ton zu. Denn was ist amerikanischer, als sich reihenweise warme Brühwürste in einem labbrigen Weizenbrötchen in den Schlund zu schieben?

Die Antwort darauf dürfte unterschiedlich ausfallen – je nachdem, wie lange der Befragte bereits in den USA lebt. Der Sandhai ist in den Gewässern Nordamerikas wohl schon seit Jahrmillionen heimisch. Hot Dogs verschmäht er meist, dafür knabbert er mitunter menschliche Gliedmaßen an, wenn er diese versehentlich für Menhaden oder andere Heringsartige hält, die normalerweise den Kernbestandteil seines Speiseplans bilden. Am Dienstag versammelten sich etwa 50 Sandhaie zu ihren eigenen Independence-Day-Feierlichkeiten vor der Küste Long Islands – nur einen Tag, nachdem eine Schwimmerin und ein Surfer am gleichen Strand mit Bisswunden aus dem Wasser kamen.

Der für die Regionalparks von Long Island zuständige Direktor sucht die Lage zu beruhigen: Seine Behörde beobachte die Haie, die Strände seien sicher und deshalb auch am Unabhängigkeitstag geöffnet gewesen. Eine Panik wie im Sommer 1975, als sich die Menschen nach Veröffentlichung des Kino-Hits “Der weiße Hai” nicht mehr ins Wasser trauten, wäre dem finanziellen Erfolg der diesjährigen Tourismus-Saison wohl äußerst abträglich. Der Steven-Spielberg-Blockbuster heißt im englischsprachigen Original übrigens “Jaws” – so lautet nicht ganz zufälligerweise auch der Kampfname von Hot-Dog-Wettmampf-Champion Joey Chestnut.

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