In der Champions League im Abseits
Abseits der
Champions League
Von Heidi Rohde
Bankenfusionen
Namen werden nicht genannt in der Umfrage von Boston Consulting, in der Europas führende Wirtschaftsbosse die Bildung kontinentaler Champions zur obersten Priorität erklären. Aber man darf getrost davon ausgehen, dass Unicredit-Chef Andrea Orcel unter den befragten CEOs war und sich genau für solche Zusammenschlüsse stark gemacht hat. Dabei besteht zwar der nicht unbegründete Verdacht, dass der Italiener bei „We are the Champions“ vornehmlich in der Einzahl denkt; denn Orcel setzt sich mit seinem paneuropäischen Akquisitionsfeldzug auch selbst gern ein Denkmal.
Neue Bedeutung
Allerdings wird niemand widersprechen, wenn der Unicredit-CEO für sich in Anspruch nimmt, dem Begriff „grenzüberschreitende Fusion“ in der europäischen Bankenlandschaft eine neue Bedeutung verliehen zu haben. Er überschreitet nicht nur Landesgrenzen, sondern lässt sich auch von politischen Hürden nicht einschüchtern. Sein jüngster Coup mit der Aufstockung bei der griechischen Alpha Bank stößt allerdings auf keine solchen. Die griechische Regierung begrüßt ausdrücklich die Anteilsaufstockung durch Unicredit – ganz im Gegensatz zur deutschen, die die Avancen der Mailänder bei der Commerzbank brüsk zurückgewiesen hat.
Dabei muss es als Ironie der Geschichte erscheinen, wenn ausgerechnet zwei Banken aus Italien und Griechenland bei der Bildung von Branchen-Champions in Europa vorn sind. Jedenfalls werden die Institute der beiden Länder, die mehr als alle anderen im Zentrum der Euro-Krise standen, plötzlich zu Stürmern auf dem M&A-Spielfeld, während deutsche Banken bisher keine Anstalten zur Teilnahme an einer solchen Champions League machen.
Lieber die eigene Aktie
Namentlich die Deutsche Bank wähnt sich zwar für ihre Kunden als „Tor zur Welt“ und für andere als „Brücke nach Europa“. Für deren Spannweite spielen mögliche Zusammenschlüsse aber offenbar keine Rolle. Die Bank investiert das eigene Geld lieber in die eigene Aktie als in andere. Die Commerzbank pocht auf ihre Eigenständigkeit als Selbstzweck, und Sparkassen und Volksbanken fusionieren zwar was das Zeug hält, verschanzen sich dabei aber hinter Landesgrenze. Damit manövriert sich nicht nur die deutsche Finanzbranche unter den europäischen Mitspielern ins Abseits. Auch mit dem Anspruch einer Führungsrolle der deutschen Wirtschaft in Europa verträgt sich das Misstrauen gegen jedweden europäischen Schulterschluss schlecht.