In der Flaute boomen die Kleinkredite
In der Flaute boomen die Kleinkredite
In der Flaute boomen die Kleinkredite
Rezession, „Buy now, pay later“ und Risikovorsorge prägen den Markt der Konsumfinanzierung
Von Tobias Fischer, Frankfurt
Das Geschäft der Konsumfinanzierer in Deutschland ist im Wandel begriffen. Die Folgen von Wirtschaftsflaute und gestiegenem Preisniveau auf die Verbraucher, der Boom des „Buy now, pay later“ (BNPL) und sich veränderndes Kaufverhalten, aber auch Regulierungsanpassungen prägen aktuell den Markt. Weil widrige wirtschaftliche Bedingungen und Reallohneinbußen Kreditnehmern zu schaffen machen, haben Banken in den vergangenen Jahren auch im Konsumfinanzierungsgeschäft ihre Risikovorsorge sukzessive hochgefahren, beobachtet der Bankenfachverband. „Das geht Hand in Hand mit der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“, sagt Geschäftsführer Jens Loa. Dem Verband gehören 48 Finanzinstitute an, die in der Finanzierung von Konsum und Investitionen tätig sind, so etwa DKB, ING, Targobank, Groß- und Automobilbanken sowie die Kreditfinanzierer der Verbünde, S-Kreditpartner und Teambank.
Zahlen zur Risikovorsorge seiner Mitglieder erhebt der Verband nicht. Bekannt ist aber, dass die Teambank besonders gebeutelt wurde, ist die DZ-Bank-Tochter doch im ersten Halbjahr wegen erhöhter Risikovorsorge in die Verlustzone gerutscht. Ein Minus von 5 Mill. Euro verbuchten die Nürnberger in der Jahreshälfte nach einem Gewinn von 19 Mill. Euro im Vorjahreszeitraum.
Herausfordernd für Teambank
Vorerst bestehe wenig Hoffnung auf Besserung, bestätigte ein Sprecher der Bank auf Anfrage. Das Geschäft der Teambank mit unbesicherten Konsumkrediten, das er als „überproportional konjunktursensitiv“ beschreibt, werde durch das widrige Umfeld belastet, da sich Verbraucher wegen geopolitischer und wirtschaftlicher in Konsumzurückhaltung übten. Zudem sei eine Bewegung hin zu eher kleinteiligem Geschäft von unter 1.000 Euro zu beobachten. Nach den Jahren hoher Preissteigerungen beeinträchtigten noch immer Reallohnverluste die Kapitaldienstfähigkeit der Verbraucher, darüber hinaus steige die Arbeitslosenquote. Deshalb müsse nach wie vor von einem hohen Niveau in der Risikovorsorge ausgegangen werden, so der Sprecher. „Insofern bleiben die Jahre 2025 und 2026 für die Teambank herausfordernd“, resümiert er.
Die Kreditrisikovorsorge des Hauses steigt seit Jahren. 2021 waren es 57 Mill. Euro, 2022 fast 100 Mill. Euro, im Jahr darauf 133 Mill. und 2024 dann 205 Mill. Euro. DZ-Bank-Vorstandschef Cornelius Riese, der den Aufsichtsrat der Teambank führt, hatte den wachsenden Vorsorgeaufwand im August 2024 so begründet: „Die Menschen werden ärmer, die verfügbaren Einkommen gehen zurück.“ Teambank-Chef Christian Polenz sprach im Februar im Gespräch mit der Börsen-Zeitung von einer extremen Verunsicherung der Menschen angesichts der konjunkturellen Lage.
Etwas zuversichtlicher für das nächste Jahr zeigt sich Bankenfachverband-Geschäftsführer Loa. Aktuell erlebe man insgesamt eher eine Seitwärtsbewegung, doch ab 2026 dürften seiner Ansicht nach die von der Bundesregierung angestoßenen Maßnahmen erste Wachstumsimpulse zeigen. "Dann wird auch die Konsumfinanzierung stärker anziehen.“

Alles in allem verzeichneten die Kreditbanken des Verbandes im ersten Halbjahr 2025 ein im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum stagnierendes Kreditneugeschäft von 66,7 Mrd. Euro. Legte die Konsumfinanzierung um 4,2% auf 30 Mrd. Euro zu, so schwächelte die Investitionsfinanzierung, bei der das Kreditneugeschäft um 6,6% auf 5,2 Mrd. Euro schrumpfte. Am häufigsten stammten die Konsumkredite von Banken (44%). Jeder dritte lief über einen Autohändler.
Aufseher zeigen sich entspannt
Die BaFin zeigt sich ob der Risiken in der Sparte entspannt. Man habe die Entwicklung im Blick und berücksichtige sie im Rahmen der laufenden Aufsicht, sagte ein Sprecher. „Grundsätzlich beinhaltet das Konsumentenkreditgeschäft jedoch aus Sicht der BaFin kein erhöhtes Risiko.“ Das Kreditvolumen in diesem Segment sei im vergangenen Jahr sogar stärker gewachsen als die Kreditrisikovorsorge. Der Anteil notleidender Kredite sei gesunken.
Die Bundesbank erklärte im Monatsbericht September 2025 zwar, dass das schwierige gesamtwirtschaftliche Umfeld perspektivisch Kreditrisiken in diesem Segment erhöhen könne. Doch habe dies aufgrund des geringen Anteils von Konsumentenkrediten an den gesamten an Privathaushalte vergebenen Krediten „weiterhin insgesamt keinen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der NPL-Quoten und damit die Ertragslage der deutschen Kreditinstitute“.
Laut Bundesbank beliefen sich zur Jahresmitte die Kreditbestände in der Konsumfinanzierung auf 236 Mrd. Euro, was knapp einem Fünftel des Kreditvolumens für den privaten Wohnungsbau (1,29 Bill. Euro) entspricht. Insgesamt wurden in Deutschland Kredite über 3,45 Bill. Euro an Privatpersonen und Unternehmen ausgereicht.
NPL-Quote stabil
Auch die Schufa macht keinen Anstieg von ausgefallenen Ratenkrediten aus. Die Quote der entsprechenden notleidenden Kredite (NPL) sei in den vergangenen Jahren stabil geblieben, sagt eine Sprecherin. Sie bewegte sich zwischen 2,1% im Jahr 2019 und 1,9% im vergangenen Jahr. Dabei hat die Höhe der Verpflichtungen zuletzt merklich zugelegt. 350 Euro an Raten zahlte jeder Kreditnehmer der im Bankenfachverband zusammengeschlossenen Institute im Jahr 2024 durchschnittlich pro Monat. Das waren 40 Euro mehr als im Jahr zuvor.

Allerdings weist die Schufa darauf hin, dass die Zahl der Menschen zugenommen hat, die erstmals eine Zahlungsstörung aufwiesen, also wenn eine Zahlung nicht, zu spät oder erst nach Inkasso geleistet wird. Im ersten Halbjahr dieses Jahres waren es demnach 14% mehr als im Vorjahreszeitraum, der höchste Zuwachs seit 2019.
Schuldenfalle droht durch viele Kleinkredite
Ein potenzielles Überschuldungsrisiko für Konsumenten sieht die Schufa darin, dass sie zu viele Kleinkredite aufnehmen. Auch die BaFin warnt vor Schuldenfallen, in die Menschen durch „Buy now, pay later“ tappen können. Dabei ermöglichen es Dienstleister wie Klarna, Paypal oder Ratepay, in Onlineshops gekaufte Produkte erst später zu bezahlen. "Verbraucher können leichter den Überblick über die monatlichen Raten und damit die Gesamtschuldenlast verlieren“, heißt es von der Schufa. Deren Verbraucherumfrage aus dem April zeige, dass in den Monaten zuvor gut jeder dritte BNPL-Nutzer in Deutschland eine Bezahlfrist bei derlei Einkäufen verpasst und eine Mahngebühr zu berappen hatte.
Die Zahl der neu abgeschlossenen Ratenkreditverträge ist in den vergangenen Jahren der Schufa zufolge rasant gewachsen und hat 2024 erstmals die 10-Millionen-Marke überschritten. 2020 waren noch knapp 6,7 Millionen Ratenkredite neu aufgenommen worden. "Dieser Anstieg geht vor allem auf den starken Zuwachs an Kleinkrediten unter 1.000 Euro zurück", so die Schufa-Sprecherin. Deren Zuwachs belief sich 2024 gegenüber dem Vorjahr auf fast 15%. Jeder zweite neu aufgenommene Ratenkredit ist demnach nun ein solcher Kleinkredit. 2020 galt das nur für jeden fünften.
Um Menschen vor Überschuldung zu schützen, hat die EU die Verbraucherkreditrichtlinie überarbeitet, die bis November in nationales Recht umgesetzt und spätestens ab Ende 2026 gilt. Dementsprechend müssen sich bisher unregulierte Kreditformen den Vorgaben zu Verbraucherkrediten unterziehen. Beispielsweise sind fortan auch etwa Kredite von weniger als 200 Euro oder einer Laufzeit von unter drei Monaten einer Kreditwürdigkeitsprüfung unterworfen. Verbandsgeschäftsführer begrüßt den Schritt: „Vergleichbare Geschäfte mit vergleichbarem Risikogehalt erfordern eine vergleichbare Regulierung. Mit der Verbraucherkreditrichtlinie wurde das BNPL-Geschäft auf das Regulierungsniveau von Verbraucherkrediten angehoben.“