Auf die Frage, woher sie ihr Gras beziehen, können New Yorker Kiffer seit kurzem stolz mit dem Namen eines der größten Boxer aller Zeiten antworten. Denn der ehemalige unumstrittene Schwergewichtsweltmeister Mike Tyson vertreibt seine Cannabis-Linie seit einigen Wochen über spezialisierte Apotheken im Empire State. Großer Andrang herrscht im Dezember beispielsweise an einer Arzneiausgabestelle an der Lower East Side, vor der hunderte Fans auftauchen, um "Iron Mike" zu treffen und sich seinen besten Stoff zu sichern – darunter Packungen rauchbarer Hanfblüten mit kreativen Markennamen wie "Tiger Mintz" oder "Knockout OG".

Seit 2012 haben 24 US-Bundesstaaten, drei Außenterritorien und der District of Columbia Cannabis als Genussdroge legalisiert, sieben weitere haben die Nutzung im Privatgebrauch entkriminalisiert. Insgesamt haben 38 Staaten sowie die Bundeshauptstadt Washington Programme zur medizinischen Verwendung von Marihuana und Haschisch aufgelegt. Der Datenanbieter BDSA bescheinigt dem globalen Markt für legales Cannabis großes Wachstumspotenzial. Nach Erlösen von 32 Mrd. Dollar im Jahr 2022 dürfte sich der weltweite Umsatz 2027 demnach auf 55 Mrd. Dollar summieren – wobei 43 Mrd. Dollar auf die USA entfallen würden. Analysedienste wie Grand View Research gehen von noch deutlich höheren Wachstumsraten aus. Die Aussicht auf eine Reform der Drogengesetze auf US-Bundesebene hat zuletzt zudem zahlreiche Cannabis-Aktien wie das Papier des globalen Marktführers Curaleaf angetrieben.

In New York steckt der Cannabis-Aufschwung allerdings noch in der Frühphase. Erst Ende 2022 öffnete in den Five Boroughs der erste legale Shop, der die Droge zum Freizeitgebrauch vertreibt. Neben Tyson versuchen auch weitere Prominente nun, aus der Legalisierung Kapital zu schlagen. Rapper Method Man vom einflussreichen Kollektiv Wu-Tang Clan vertreibt seine Marke Tical Official beispielsweise bereits seit September in New York. In anderen Staaten wie Kalifornien zeigt sich aber ein grundsätzliches Problem, das das Wachstum der Celebrity-Marken begrenzt: Bekannte Gesichter wie Schauspieler Seth Rogen oder Musiklegende Carlos Santana verlangen in der Regel deutlich höhere Preise als No-Name-Anbieter, die Qualität der Promi-Produkte schwankt aber stark. Doch die Kunden, die für den Großteil der Erlöse am Cannabis-Markt verantwortlich sind, suchen die durchschlagendste Wirkung zum kleinstmöglichen Preis.

"Iron Mike" macht sich darum laut eigener Aussage weniger Gedanken. Der einst in zahlreiche Skandale verwickelte und 1992 wegen Vergewaltigung verurteilte Ex-Champion betont, dass er vor allem dank der therapeutischen Wirkung von Cannabis Traumata sowie seine Kokain-Sucht überwunden hat und zum erfolgreichen Geschäftsmann geworden ist. Sein Stoff besitzt laut Apothekern bereits die Reputation, ohne unangenehme Nebenwirkungen außerordentlich high zu machen. Die Ausgabestellen, an denen der "Baddest Man On the Planet" seine Produkte im Dezember bewarb – neben der Apotheke an der Lower East Side besuchte Tyson auch einen Shop in Farmingdale auf Long Island –, verkauften zum Marktstart binnen weniger Stunden rauchbare Hanfblüten im Wert von über 40.000 Dollar.

Dabei sind die Einnahmen aus Cannabis-haltigen Gummibärchen in Form des Ohrs von Tyson-Rivale Evander Holyfield, aus dem "Iron Mike" bei einem Kampf im Jahr 1997 ein Stück herausbiss, noch gar nicht eingerechnet. Die Betreiber der Ausgabestellen freuen sich darüber, dass die Kunden nach ihrem ersten Rausch mit den Produkten des Ex-Weltmeisters zurückkehren und ihnen mitunter Erlöse binnen Stunden bescheren, auf die sie sonst während eines gesamten Tags kommen würden. Der in Brooklyn geborene Tyson vermarktet den Andrang als New Yorker Erfolgsstory. Allerdings ist "Iron Mikes" bester Stoff längst fast im ganzen Land verfügbar – und der ehemalige Champion will sich auch beim Vorstoß in andere neue Märkte nicht zögerlich zeigen.