KommentarNikkei-Rekord

It's the inflation, stupid!

Japans designierte Premierministerin Sanae Takaichi will die Inflation bekämpfen. Doch die Akteure am Finanzmarkt überhörten diese Botschaft am Montag.

It's the inflation, stupid!

Nikkei-Rekord

It's the inflation, stupid!

Von Martin Fritz

Manchmal kann man sich nur wundern über die reflexartige Denkweise hinter plötzlichen Veränderungen von Aktien- und Devisenkursen. Ein solcher Fall war am Montag in Japan zu beobachten. Dort kletterte der Nikkei 225 fast 5% auf ein neues Rekordhoch, und der Yen verlor 2% zum Dollar an Wert, nachdem die Regierungspartei LDP am Wochenende Sanae Takaichi zu ihrer neuen Vorsitzenden gewählt hatte. Dadurch wird Takaichi auch Nachfolgerin von Shigeru Ishiba als Japans Premierminister.

Reflexhafte Reaktion

Die starken Kursausschläge am Finanzmarkt basierten auf ihrer Aussage, dass sie die wachstumsorientierte Abenomics-Wirtschaftspolitik fortsetzen will. Als „Taube“ steht Takaichi für eine lockere Fiskal- und Geldpolitik. Sie propagierte höhere Staatsausgaben und kritisierte die Bank of Japan dafür, dass sie die Geldpolitik normalisiert und die Zinsen erhöht hat. Daraus schlossen Investoren und automatisierte Kaufprogramme, dass Takaichis Politik den Yen schwächt, was die Gewinne vieler Unternehmen erhöht und somit die Aktienkurse treibt.

Dummerweise erklärte Takaichi nach ihrer Wahl zur LDP-Vorsitzenden, dass ihre Top-Priorität darin besteht, die hohen Lebenshaltungskosten zu senken. Anders gesagt: Sie will die Inflation bekämpfen, die den Japanern seit dem Frühjahr 2022 fast jeden Monat einen schrumpfenden Reallohn bescherte, während sich Alltagswaren stark verteuerten, der Reispreis zum Beispiel verdoppelte sich in einem Jahr. Dafür machten viele Bürger bei der letzten Wahl die LDP verantwortlich und wählten andere Parteien.

Aufwertung erwünscht

Will Takaichi den Preisauftrieb bremsen, dann wird sie keine lockere Fiskal- und Geldpolitik verfolgen, denn diese verstärkt die Inflation. Im Gegenteil: Der größte Hebel, die Inflation zu drücken, wäre eine Aufwertung der japanischen Währung, da Japan sehr viele Brennstoffe, Lebensmittel und Waren aus dem Ausland bezieht. Hätten die Investoren ihr zugehört, hätten sie zu gegenteiligen Schlüssen kommen müssen: Ein stärkerer Yen schmälert die Firmengewinne und drückt die Aktienkurse. Aber die Reflexe waren einfach stärker als die ökonomische Logik.