Notiert inWashington

Kampfansage an Junk-Gebühren

Nach Schätzungen der US-Regierung kosten Junk-Gebühren Verbraucher jedes Jahr mehr als 60 Mrd. Dollar und verzerren den Wettbewerb. Nun will die Kartellbehörde FTC den "Schrottgebühren" einen Riegel vorschieben.

Kampfansage an Junk-Gebühren

Notiert in Washington

Kampfansage an Junk-Gebühren

Von Peter De Thier

Ob es die Buchung von Unterkünften ist, der Kauf von Karten für ein Konzert oder Sportereignisse oder die Kontoführung bei einer Bank, überall bekommen US-Verbraucher sogenannte "Junk Fees", also "Schrottgebühren" zu spüren. Dabei betrachten es Konsumenten gerade in einer Ära hoher Inflation als Schlag ins Gesicht, wenn Unternehmen Kunden mit Lockangeboten ködern und diese später mit versteckten Gebühren schockieren, die den Preis künstlich aufblähen. Nachdem ein von US-Präsident Joe Biden vorgeschlagenes Gesetz, das Junk Fees verbieten würde, im Sande verlaufen ist, will nun die Kartellbehörde Federal Trade Commission (FTC) den Schrottgebühren einen Riegel vorschieben. 

Ich bekam es persönlich zu spüren, als ich unseren mittleren Sohn zu seinem Geburtstag mit zwei Karten für das NFL-Footballspiel zwischen den New York Giants und seiner Lieblingsmannschaft, den Philadelphia Eagles, überraschen wollte. Auf dem Portal "StubHub" wurden gute Plätze für 180 Dollar pro Ticket angeboten. Bei der Reservierung wurden wie üblich der Name des zahlenden Kunden, dessen Adresse und dann natürlich die Kreditkartennummer angefordert. Klein gedruckt und unscheinbar dann eine Offerte, die den wahren Preis verriet: "Zahlen sie bequem in vier monatlichen Raten von jeweils 118,28 Dollar". Als geübter Kopfrechner stelle ich binnen weniger Sekunden fest, dass StubHub für den Verkauf der beiden Footballtickets mehr als 113 Dollar an Gebühren in Rechnung stellt und der Endpreis somit nicht bei 360, sondern 473,12 Dollar liegen würde. 

Noch dreister ist die irreführende Preispolitik bei VRBO, einem der führenden Portale zur Buchung von Mietunterkünften. Dort können vier Nächte in einer Privatwohnung zu je 95 Dollar inklusive der diversen Gebühren fast das Doppelte der 380 Dollar kosten, die man auf ersten Blick vermuten würde. Alles andere als zurückhaltend sind auch Banken. Anstatt eine Transaktion abzulehnen, die zur marginalen Überziehung des Kontos führen würde, genehmigen sie den Kauf und stellen dafür dann postwendend 30 bis 35 Dollar in Rechnung. Wie die Verbraucherschutzbehörde Consumer Financial Protection Bureau (CFPB) errechnet hat, kassieren Banken jedes Jahr 15 Mrd. Dollar an Überziehungs- sowie anderen willkürlichen Gebühren und haben diese bereits fest in ihr Geschäftsmodell integriert.

Obwohl Umfragen zufolge drei Viertel aller US-Bürger Regeln unterstützen würden, die Schrottgebühren verbieten, ist der tief gespaltene Kongress bisher außerstande gewesen, Bidens "Junk Fee Prevention Act" in Gesetzesform zu gießen. Nun wollen aber einzelne Behörden gegensteuern. So hat die Federal Communications Commission (FCC) angeordnet, dass Anbieter von Breitband-Diensten vor Vertragsabschluss sämtliche Gebühren offenlegen. Auch verlangt das CFPB von Banken, dass sie Gebühren streichen, die Kunden für Informationen über das eigene Konto abverlangt werden. 

Im Gegensatz zur FCC und dem CFPB spielen die Bemühungen der FTC nicht auf einzelne Branchen ab, sondern sollen Junk-Gebühren in der gesamten Wirtschaft einen Riegel vorschieben. Werden nämlich neben Banken, Ticket-Maklern und Mietportalen für Ferienwohnungen auch Fluggesellschaften, Autohändler, Kabelnetzbetreiber und andere Entertainment-Angebote berücksichtigt, dann zahlen Verbraucher nach Schätzungen des Weißen Hauses jedes Jahr mehr als 64 Mrd. Dollar an versteckten Gebühren, für die keine konkrete Gegenleistung erbracht wird.

Die Behörde hat Konsumenten, die bisher über 12.000 Beschwerden eingereicht haben, aufgefordert, weitere Erlebnisse zu schildern und Verbesserungsvorschläge zu machen. "Viel zu häufig werden Verbraucher von unerwarteten Gebühren geplagt, durch die es schwieriger wird, das beste Produkt und die beste Dienstleistung zum günstigsten Preis zu finden", sagt FTC-Chefin Lina Khan. Ihr Ziel ist es, Anfang 2024 ein neues Regelwerk zur Eliminierung der Schrottgebühren umzusetzen.  

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