Berlin

Kampfmittel­beseitigung im Naturschutz­gebiet

In Berlin findet die Kampfmittelbeseitigung mitten im Naturschutzgebiet statt, wie den Anrainern des Grunewalds im Berliner Südwesten in der Nacht zum Donnerstag explosionsartig bewusst geworden ist. Jetzt wird nach einer gemeinsamen Lösung mit Brandenburg gesucht.

Kampfmittel­beseitigung im Naturschutz­gebiet

Es ist eine weitere der vielen liebenswerten Schrullen der Hauptstadt: Kampfmittelbeseitigung findet in Berlin im Landschaftsschutz- und Naturschutzgebiet statt. Das wurde auch vielen Berlinerinnen und Berlinern erst in der Nacht zum Donnerstag explosionsartig be­wusst, nachdem auf dem Sprengplatz mitten im Grunewald im Südwesten der Stadt aus bisher ungeklärten Gründen ein Feuer ausgebrochen war, worauf das Gelände großzügig abgesperrt werden musste. Teile der Stadtautobahn Avus und die S-Bahn im Südwesten blieben auch am Freitag gesperrt, während die Feuerwehr vom ge­panzerten Löschfahrzeug bis zum Löschroboter alles Gerät auffahren ließ, was ihr zur Verfügung stand, und die Polizei aus der Luft überwachte. „Wir müssen damit rechnen, dass es weiter zu Detonationen und zum Trümmerflug kommt“, teilte die Feuerwehr mit.

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Auf dem Gelände lagerten nach Angaben der Polizei zuletzt rund 30 Tonnen Kampfmittel und Munition aus dem Zweiten Weltkrieg sowie mehrere Hundert Kilogramm Feuerwerkskörper, die etwa an Silvester beschlagnahmt wurden. Der Sprengplatz wurde 1950 eingerichtet, um die beim Wiederaufbau Berlins frei gelegte Fundmunition aus den Bombenangriffen auf die Stadt im Zweiten Weltkrieg zu sammeln und zu beseitigen. Allein die britische Royal Air Force warf nach Angaben des Senats bis März 1944 rund 47000 Tonnen Munition auf die Stadt ab. Tausende Blindgänger werden darum noch unentdeckt im Berliner Boden vermutet. Zuständig für die Beseitigung ist die Berliner Polizei, die mehrfach über die Verlegung des Sprengplatzes nachgedacht hat. Doch im Stadtgebiet steht dafür keine ausreichend große und genehmigungsfähige Fläche zur Verfügung.

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Auch mit dem Land Brandenburg soll es in der Vergangenheit immer wieder Gespräche über die Kampfmittelbeseitigung gegeben haben, die allerdings zu keinem Ergebnis führten. Nach den unkontrollierten Detonationen im Grunewald könnte jetzt Bewegung in die Sache kommen. Am Freitag zeigte Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU) sich jedenfalls offen für Gespräche. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hatte bereits am Donnerstag angekündigt, eine Nutzung des Sprenggeländes des Landes Brandenburg in einem Wald in Kummersdorf-Gut, etwa 50 Kilometer südlich von Berlin, beraten zu wollen. Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik sprach sich für einen Sprengplatz in Stadtnähe aus. „Wir haben eine gute Kooperation mit Sachsen und sind natürlich auch offen dafür, wenn sich Berlin in Zukunft an unseren Verfahren der Kampfmittelbeseitigung beteiligen möchte“, ließ Stübgen über sein Ministerium mitteilen. Er halte dafür die ge­meinsamen Sitzungen zwischen dem Berliner Senat und der Brandenburger Landesregierung für den richtigen Ort. Ein gemeinsamer Spaziergang im Grunewald kommt aktuell dagegen nicht in Frage.

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