KI-Boom beschert der Metropole ein Comeback
KI-Boom beschert der Metropole ein Comeback
Notiert in San Francisco
Comeback einer Metropole
Von Alex Wehnert
Einige Straßenlaternen und die Uhr am historischen Ferry Building werfen um 6.30 Uhr morgens ihr flackerndes Licht über den Embarcadero. Während die Bucht von San Francisco jenseits der Uferpromenade in stiller Dunkelheit liegt, herrscht auf den Piers im Nordosten der Golden Gate City schon reger Betrieb. Doch es sind keine Seeleute, die sich hier auf einen harten Tag gefasst machen – sondern Jogger, die meisten von ihnen jung und den Beschriftungen ihrer Laufshirts nach in der Software-Branche tätig.
Obdachlosigkeit und Drogen
Wer San Francisco mental als florierenden Tech-Hotspot abgespeichert hat, dem mag dieses Erscheinungsbild wenig überraschend vorkommen. Doch die Stadt an der Bucht hat in den vergangenen Jahren harte Zeiten durchgemacht: Infolge der Corona-Pandemie verabschiedeten sich viele Einwohner in die Vororte, der Leerstand in Büroimmobilien erreichte landesweite Spitzenwerte, kleine Geschäfte mussten dichtmachen und große Retailer verließen die Innenstadt. Gerade in Vierteln wie Tenderloin schossen die Verbrechensraten in die Höhe, Obdachlosigkeit und Drogenkonsum prägten das Bild.
Dass sich in dieser Stadt wieder in großer Zahl Menschen trauen, vor Tagesanbruch durch dunkle Straßen zu joggen, steht sinnbildlich für ein Comeback von San Francisco. Entscheidend begünstigt hat diesen der Boom um Künstliche Intelligenz. Denn Startups wie OpenAI, die in der Stadt an der Bucht ansässig sind und Milliardenmittel von Investoren einsammeln, kaufen wieder im großen Stil Büroimmobilien auf – laut der Research-Firma CBRE Insights waren es allein in der ersten Jahreshälfte 2025 nahezu 100.000 Quadratmeter.
Milliardenschwere Investitionen
Hinzu kommen Direktinvestitionen von Software-Riesen: Salesforce kündigte anlässlich ihrer Kundenkonferenz „Dreamforce“ zuletzt an, über fünf Jahre 15 Mrd. Dollar in San Francisco investieren und damit den Status der Bay Area als führenden KI-Standort untermauern zu wollen. Die Mittel sollen unter anderem in einen neuen Unternehmensinkubator sowie Programme zur Weiterbildung der Arbeitsbevölkerung fließen.

picture alliance / Anadolu | Halil Sagirkaya
CEO Marc Benioff, dessen Vermögen sich zu bedeutenden Teilen aus Beteiligungen an Salesforce speist, will das erhoffte Wachstum seiner Firma weiter für sein philanthropisches Engagement nutzen. In dessen Rahmen spendet er Multimillionen-Summen an Krankenhäuser, Schulen und andere Einrichtungen in seiner Heimatstadt.
Härteres Vorgehen gegen Kriminalität
Gründer und junge Software-Entwickler wollen indes Teil der Tech-Revolution werden und strömen zurück in die Metropole, was den Wohnimmobilienmarkt stützt. Anwohner verweisen auch auf die höhere Polizeipräsenz und ein rigoroseres Durchgreifen gegen Kriminalität unter der kontroversen Staatsanwältin Brooke Jenkins sowie einen konstruktiveren Umgang mit dem Drogenproblem unter dem demokratischen, seit 2024 amtierenden Bürgermeister Daniel Lurie.
Einigen Unternehmern reicht das aber noch nicht: Benioff heuerte zur „Dreamforce“ extra 200 außer Dienst befindliche Polizisten als zusätzlich Sicherheitsmaßnahme an und forderte den Einsatz der Nationalgarde in San Francisco – ruderte nach einem öffentlichen Aufschrei aber zurück. Vorher hätte sich der CEO, der den Großteil seiner Zeit auf Hawaii verbringt, besser ein umfassenderes Bild von der Lage in den Straßen von San Francisco gemacht.