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Ein Stück Gerechtigkeit

Ein Finanzvermittler hatte Einlagen bei der Greensill Bank noch empfohlen, als diese längst Gegenstand von BaFin-Ermittlungen war. Jetzt erhält eine Kommune Schadenersatz von dem Vermittler.

Ein Stück Gerechtigkeit

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Ein Stück Gerechtigkeit

Von Björn Godenrath

Manchmal fragt man sich, mit was für einer Berufseinstellung gewisse Menschen so durchs Leben kommen. Bei einigen Politikern und Ökonomen nimmt man mit Grausen zur Kenntnis, dass diese ernsthaft glauben, einen Kurs der immer weiter ausufernden Verschuldung fahren zu können bei steigenden Zinslasten nebst ihrer den Haushalt einengenden Wirkung. Irgendwann mal fangen die Dinge an zu brechen.

Dass man nicht ewiglich mit jedem x-beliebigen Blödsinn und einem maximalen Quantum an Ignoranz durchkommt, das musste nun ein bayerischer Finanzvermittler erfahren, der gerichtlich zu Schadenersatz verurteilt wurde, weil er der Gemeinde Vaterstetten zu Einlagen bei der Greensill Bank geraten hatte. Und zwar drei Monate vor der Pleite des von Lex Greensill spektakulär vor die Wand gefahrenen Instituts, das deutsche Spargelder nutzte, um ständig neue Löcher zu stopfen. Aber eben auch, nachdem Ermittlungen der BaFin gegen Greensill längst bekannt waren und es keinen Mangel an Presseberichten über die drohende Schieflage gab.

Und was machte besagter Finanzvermittler? Er empfahl dem Kämmerer von Vaterstetten weitere Festgeldanlagen bei Greensill mit Verweis auf die gute Bonität des Hauses. Zeitung zu lesen oder mal ins Internet zu gucken scheinen nicht Teil der beruflichen Routine dieses Maklers gewesen zu sein. Nun kann man im täglichen Strom der Nachrichten nicht bei allen Kleinigkeiten up to date bleiben. Aber das von dem Vermittler hier gezeigte Verhalten kommt einer Verletzung der Sorgfaltspflichten gleich.

Da passt es ins Bild, dass sich der Vermittler vor Gericht zu seiner Verteidigung auf einen Haftungsausschluss in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen berufen hatte. Dem folgte das Oberlandesgericht München angesichts der grotesken Mängel in der Beratung nicht. Vielmehr habe es zwischen den Parteien einen Auskunftsvertrag gegeben, und die daraus entstandenen Pflichten seien vom Vermittler “schuldhaft” verletzt worden.

Es ist schön, dass es nun immerhin ein kleines Stück Gerechtigkeit gegeben hat, in einer Geschichte, die nur Verlierer kennt. Und wenn der Vermittler flüssig ist, dann erhält Vaterstetten 1 Mill. der gut 5 Mill. Euro bei Greensill versenkten Einlagen zurück. Die schlechte Nachricht: Der Vermittler hatte auch andere Kommunen beraten. Die müssen wohl darauf hoffen, dass der Greensill-Insolvenzverwalter noch mehr rausholt als bislang erzielte Rückflüsse von 1,2 Mrd. Euro. Die Forderungen der Gläubiger belaufen sich auf 4 Mrd. Euro. Die nächste Klage läuft schon.

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