Krise und Kakophonie
Wohnungsgipfel
Krise und Kakophonie
Von Andreas Heitker
Die schwierige Gemengelage ist eigentlich seit Monaten bekannt: Der Mangel an bezahlbaren Wohnungen wird in Deutschland immer größer, und gleichzeitig rutscht die Bauwirtschaft angesichts der explodierenden Finanzierungskosten immer weiter in eine existenzielle Krise. Dass sich die Situation keinesfalls entspannt, haben die Meldungen der letzten Tage noch einmal deutlich gemacht: Die Baugenehmigungen sind bis Juli um fast ein Drittel eingebrochen. Der Immobilienkonzern Vonovia legt wegen der hohen Kosten den Bau von 60.000 Wohnungen auf Eis. Und die Wohnungspreise sind im zweiten Quartal im Jahresvergleich um knapp 10% gefallen – so stark wie seit Beginn der Destatis-Zeitreihe im Jahr 2000 noch nicht.
Der Wohnungsgipfel, zu dem die Bundesregierung am Montag ins Kanzleramt geladen hat, kommt daher nicht genau rechtzeitig, sondern eigentlich viel zu spät. Bislang hat die Koalition in Berlin die Hilferufe aus der Branche eher überhört und recht unbeirrt an dem mittlerweile völlig unrealistischen Ziel der Koalition festgehalten, dass pro Jahr 400.000 neue Wohnungen fertiggestellt werden sollen. Dies dürfte mit dem Krisengipfel jetzt berichtigt werden.
Damit das Treffen mit den über 30 betroffenen Verbänden und Organisationen der Branche aber ein Erfolg werden kann, sollte man sich noch einmal klarmachen, worum es eigentlich geht. Denn derzeit ist eine große Kakophonie sowohl bei der Problembeschreibung als auch den Lösungsansätzen zu vernehmen. In der Debatte werden munter die Probleme von Projektentwicklern, der soziale Wohnungsbau, der Mieterschutz oder auch die Förderung von Immobilienkäufen in einen Topf geschmissen. Wenn jetzt etwa die Sparkassen vom Gipfel ein "klares politisches Bekenntnis zu mehr Wohneigentum" fordern, dann muss man leider sagen: Nein, darum geht es nicht. Das Problem ist, dass es viel zu wenig Wohnungen gibt, und nicht, wem sie gehören. Deshalb muss es am Montag im Kanzleramt vor allem darum gehen, das Angebot zu erhöhen, indem Bauen einfacher und günstiger gemacht wird.
Gefragt ist ein Maßnahmenpaket mit sehr konkreten Schritten: Die von der Koalition bereits beschlossenen Sonderabschreibungen gehören sicherlich dazu. Diese stecken aber vorerst im Wachstumschancengesetz fest, das wohl von den Bundesländern blockiert wird. Dazu könnte auch das Abrüsten bei den regulatorischen Vorgaben gehören. Steuererleichterungen. Das Vereinheitlichen von Bauvorschriften. Schnellere Genehmigungen. Die Liste möglicher Entlastungen ist lang. Wichtig ist nur, dass jetzt schnell etwas passiert.