LeitartikelFührungskrise

Machtkampf um Hugo Boss

Hugo Boss steckt in einer Führungskrise ausgelöst durch einen Eklat des Großaktionärs Frasers. Der britische Sportartikelhändler könnte mit einem Pflichtübernahmeangebot Farbe bekennen, was er vom Modekonzern aus Metzingen will.

Machtkampf um Hugo Boss

Hugo Boss

Machtkampf in Metzingen

Von Stefan Kroneck

Der Großaktionär Frasers könnte über ein Pflichtübernahme- angebot Farbe bekennen, was er vom Modekonzern Hugo Boss wirklich will.

Eine besinnliche Adventszeit bleibt für Hugo Boss aus. Das Modeunternehmen aus dem schwäbischen Metzingen steckt in einer Führungskrise. Grund dafür ist der größte Einzelaktionär, der britische Sportartikeleinzelhändler Frasers. Dieser entzog kurz vor dem 1. Advent dem Aufsichtsratsvorsitzenden Stephan Sturm das Vertrauen. Der Ex-CEO des Pharmakonzerns Fresenius will sich nach Unternehmensangaben aber nicht aus dem Amt drängen lassen, obwohl dieser laut Frasers dazu bereit wäre, wenn der Großaktionär ihm die Unterstützung verweigert.

Diese widersprüchlichen Erklärungen zeigen, dass Frasers einen Konflikt auf offener Bühne austragen will. Der strategische Investor zielt im Kern wohl darauf ab, bei Hugo Boss die Macht zu übernehmen. Hinter der Frasers Group steht der agile Turnschuh-Milliardär Mike Ashley, der vor fünf Jahren beim MDax-Mitglied einstieg. Die Briten haben ihre Anteile über die Jahre sukzessive erhöht. Seit dem Sommer halten sie eine Sperrminorität von 25%.

Hedgefonds formieren sich

Die angespannte Lage lockt Hedgefonds an. Dem Bundesanzeiger zufolge halten 14 Finanzinvestoren dieser Zunft Netto-Leerverkaufspositionen von zusammen 10,4% des Grundkapitals von Hugo Boss. Ihren Einfluss demonstrierten diese, als fünf Tage nach dem Eklat der Vorstandsvorsitzende von Hugo Boss, Daniel Grieder, mit seiner mittelfristigen Strategie an der Börse durchfiel. Die Aktie ging um über 12% in den Keller. Von diesem Kurseinbruch hat sich das Papier bislang nicht erholt. Die Konzernführung schockierte die Anleger mit einer Umsatz- und Gewinnwarnung für 2026, nachdem der CEO zuvor bereits die Erwartungen für 2025 gedämpft hatte.

Der jüngste Rückschlag dürfte Frasers missfallen haben, fordert doch Ashley von Grieder, mit einem Bündel von Maßnahmen den Aktienkurs anzutreiben. Dazu gehört, auf umfangreiche Ausschüttungen zunächst zu verzichten zugunsten von mehr Investitionen in den Ausbau des Geschäfts. Doch Grieder kündigte zur Vorlage seines Konzepts an, die Investitionsquote zu senken, das Geschäft zu straffen und an seiner Dividendenpolitik festzuhalten.

Obgleich beide Seiten über die näheren Gründe für die Eskalation sich in Schweigen hüllen, liegt die Vermutung nahe, dass es um die Strategie geht. Vor diesem Hintergrund dürfte Ashley darauf hinarbeiten, seinen Schwiegersohn, Michael Murray, als neuen Chefaufseher von Hugo Boss zu installieren, und weitere eigene Vertreter in das Kontrollgremium zu entsenden. So könnte er seinen Einfluss ausweiten. Murray ist als CEO von Frasers Ashleys Statthalter. Der britische Manager gehört dem Aufsichtsrat wie Sturm erst seit Mai dieses Jahres an, als das Gremium auf der zurückliegenden Hauptversammlung neu gewählt wurde.

Marzotto-Familie redet mit

Seinerzeit wirkte dieser Umbau geregelt, machte doch die italienische Unternehmerfamilie Marzotto, der zweitgrößte Einzelaktionär, Platz für Murray. Gaetano Marzotto ging, sein Bruder Luca Marzotto blieb. Die Marzottos sind seit 2007 beteiligt. Sie halten 15%. Der neue Aufsichtsrat ist bis 2030 mandatiert. Rechtlich sind Ashley die Hände gebunden, was die Zusammensetzung anbelangt. Aufgrund seiner Sperrminorität kann er aber Entscheidungen blockieren. Dadurch hätte er auch die Möglichkeit, Grieder, dessen Vertrag bis 2028 läuft, auszubremsen.

Offen ist, ob die Marzottos bereits sind, zusammen mit anderen institutionellen Investoren aus dem Streubesitz (58% des Grundkapitals) ein Gegengewicht zu Frasers zu bilden. Um seine Position weiter zu stärken, bliebe Ashley der Weg, über eine Übernahmeofferte eine Kontrollmehrheit zu erlangen. Via Put-Optionen ist Frasers in der Lage, die Schwelle von 30% zu überschreiten. Ab dieser wäre ein Pflichtangebot an die übrigen Anteilseigner fällig. Dann müsste Ashley Farbe bekennen, was er mit Hugo Boss vorhat. Denn sein Sportartikelimperium und der Luxusbekleidungskonzern passen nicht wirklich zusammen.