Madrid-Barcelona in zwei Stunden
Madrid-Barcelona in zwei Stunden
Notiert in Madrid
Madrid-Barcelona in zwei Stunden
Von Thilo Schäfer
Während in Deutschland zuletzt recht kontrovers über das Deutschland-Ticket diskutiert wurde, hat die Initiative in Spanien Nachahmer gefunden. Ministerpräsident Pedro Sánchez kündigte am Montag an, dass ab Januar ein landesweites Abonnement für monatlich 60 Euro zur Verfügung steht (30 Euro für Personen bis 26 Jahre). Das liegt nur leicht unter den 63 Euro, auf die das Deutschland-Ticket erhöht wurde und beinhaltet nur Nahverkehr, Mittelstrecke und die Fernreisen mit öffentlichen Bussen. Sánchez forderte die Regionalverwaltungen und Gemeinden auf, sich mit den ihnen unterstellten U-Bahnen und Bussen dem Spanien-Ticket anzuschließen.
Wie in Deutschland sind die Fernbahnstrecken nicht im Paket enthalten. Das Hochgeschwindigkeitsnetz (Alta Velocidad Española, AVE) ist nach dem massiven Ausbau der letzten Jahrzehnte der Stolz der spanischen Transportinfrastruktur. Seit der Liberalisierung der Fernstrecke 2021 sind die Reisenden in den Genuss fantastischer Angebote gekommen. Wer flexibel ist und früh bucht, konnte bisher für die 620 Kilometer zwischen Madrid und Barcelona Tickets unter 10 Euro ergattern. Doch der Preiskampf zwischen den drei Anbietern im iberischen Land, der staatlichen spanischen Bahngesellschaft Renfe, Ouigo aus Frankreich und Trenitalia aus Italien, hat sich als ruinös herausgestellt. Folge ist, dass die Preise für die beliebten Strecken zwischen der Hauptstadt, Barcelona, Valencia oder Sevilla wieder steigen, bis September um 40%, laut der Buchungsplattform Trainline.
Bald Tickets ohne Sitzplatz?
Spaniens Transportminister Óscar Puente hat Pläne, um das Angebot des AVE auszubauen. Er regte neulich an, dass man wie in Deutschland Tickets ohne Sitzplatz verkaufen und die Passagiere auf „kurzen Strecken“ im Zug stehen könnten. Das ist für Spanier, die noch nie woanders in Europa in vollgepackten Abteilen auf dem Gang hockten, eine abenteuerliche Vorstellung. Denn hier werden wie im Flugzeug nur Karten für die bestehenden Sitze verkauft. Puente plant auch, das Schienennetz zu verbessern, damit der AVE eine Geschwindigkeit von 350 km/h erreicht und die Fahrtzeit von Madrid nach Barcelona auf zwei Stunden gesenkt werden kann. „Nur die Chinesen sind schneller“, frohlockte der Minister.
Doch derzeit leiden die Betreiber, vor allem Renfe, unter Materialmangel. Teil der Schuld hat der spanische Eisenbahnbauer Talgo, der fehlerhafte Wagen lieferte und mit den Bestellungen, darunter auch für die Deutsche Bahn, in Verzug geraten ist. Seit einiger Zeit suchte die börsennotierte Talgo nach einem neuen Eigentümer. Die Regierung verhinderte den Verkauf an die ungarische Ganz Mavag aus politischen Gründen. Nun steigt der Staat selbst bei Talgo ein. Die Industrieholding Sepi übernimmt durch eine Kapitalerhöhung 7,8% des Kapitals und der spanische Stahlkonzern Sidenor 29,7%. Mit dem frischen Kapital und einer Umstrukturierung der Schulden soll Talgo sein Auftragsbuch von 4 Mrd. Euro abarbeiten und so Puentes Träume von einer Geschwindigkeit von 350 km/h erfüllen helfen.
