Im BlickfeldMittelstand des Asset Managements unter Druck

Margendruck zwingt mittelständische Asset Manager zur Bündelung ihrer Kräfte

Der Druck auf mittelständische Asset Manager wächst: Regulatorik, Digitalisierung und der Kampf um Talente erzwingen Zusammenschlüsse. Wer nicht skaliert oder Nischen besetzt, gerät im Konsolidierungsstrudel ins Hintertreffen.

Margendruck zwingt mittelständische Asset Manager zur Bündelung ihrer Kräfte

Margendruck zwingt mittelgroße Asset Manager zur Bündelung ihrer Kräfte

Der Druck wächst: Regulatorik, Digitalisierung und der Kampf um Talente erzwingen Zusammenschlüsse. Wer nicht skaliert oder Nischen besetzt, gerät im Konsolidierungsstrudel ins Hintertreffen.

Von Wolf Brandes, Frankfurt

In den vergangenen Jahren hat der zunehmende Kostendruck aus Regulierung, Digitalisierung und anhaltend sinkenden Margen eine Konsolidierungswelle im deutschen und europäischen Asset Management ausgelöst. Immer mehr Häuser bündeln Volumen, Technologie und Kompetenzen über Übernahmen, um ihre Fixkosten zu strecken und gebührengetriebene Erträge zu stabilisieren. Marktbeobachter sprechen inzwischen von einem „Dreiklang aus Skaleneffekten, Spezialisierung und Technologie“, der über das Überleben entscheidet.

Den jüngsten Ausrufezeichen‑Deal meldete die Hamburger Laiqon: Anfang Juli kaufte das börsennotierte Asset-Management-Haus ein 2,5 Mrd. Euro schweres Fondsportfolio der MainFirst Affiliated Fund Managers und erwarb zugleich die MainFirst (Switzerland).

CEO Achim Plate steckt das nächste Etappenziel klar ab: „Bis Ende 2025 peilen wir 10 bis 11,5 Mrd. Euro Assets an; etwa die Hälfte stammt aus Akquisitionen, die andere Hälfte aus organischem Wachstum.“

Klarheit statt Markenflut

Gelingen soll das bei Laiqon mit einer cloudbasierten Infrastruktur: „Wir haben eine Plattform gebaut, die sämtliche Prozesse medienbruchfrei abbildet und Depotbanken, Broker und Endkundendepots digital verbindet. Wer diese Fähigkeit zum voll digitalen Agieren nicht hat, kann in der Finanzbranche kaum konsolidieren.“ Langfristig will er alle übernommenen Marken unter einem Namen bündeln, „denn Kunden brauchen Klarheit, keine Markenflut“.

Eine ähnlich stringente Buy‑and‑Build‑Strategie verfolgt Bantleon. Das Haus mit Standorten in Hannover und Zürich integrierte 2023 die Warburg Invest, ehemalige Asset‑Management‑Sparte der Nord/LB, und steigerte das verwaltete Vermögen dadurch von 5 auf mehr als 20 Mrd. Euro. 2024 folgte der Erwerb von 62% an Credit Suisse Investment Partners; die Einheit firmiert heute als Bantleon Convertible Experts und steuert Wandelanleihe‑Mandate bei.

Kultur des anderen verstehen

Bantleon-Geschäftsführer Jörg Schubert sieht beim Thema Konsolidierung zwei Erfolgsfaktoren: „Entscheidend für eine erfolgreiche Übernahme ist, die Kultur des anderen zu verstehen und zu respektieren und gleichzeitig die Idee durchzusetzen, die mit der Übernahme verbunden ist.“

Zugleich erwartet der Bantleon-Manager eine Segmentierung des Marktes: „Die Fondsbranche dürfte sich angesichts der Fusionswelle und des Margendrucks zweiteilen: Auf der einen Seite stehen günstige, effiziente Anbieter, auf der anderen Seite diejenigen mit besonders gutem Service.“ Künstliche Intelligenz könne diesen Spagat erleichtern: „Mit Blick auf die Zukunft könnte es sein, dass KI die Bedürfnisse der Kunden automatisiert erkennt, sodass Serviceleistungen skaliert werden können.“

Quer durch die Branche

Auch die Großbanken schreiben an ihrer Konsolidierungsagenda im Segment Asset Management. Die Commerzbank schloss im Juni 2024 den Kauf von 74,9% an dem Spezialisten Aquila Capital ab und fügte dem Konzern über 40 Mrd. Euro nachhaltige Real‑Assets hinzu. Nur ein Jahr später übernahm ABN Amro die Privatbank Hauck Aufhäuser Lampe und kommt auf über 70 Mrd. Euro Vermögenswerte. Geplant ist Steigerung der Assets auf rund 100 Mrd. Euro bis 2030.

Doch der eigentliche Druck lastet auf dem Mittelstand der Asset Manager. Thorsten Schrieber, Vertriebsvorstand bei DJE Kapital (rund 16 Mrd. Euro Vermögen), nennt drei Treiber. „Der Hauptmotor für die Konsolidierung ist die Generationen‑Thematik bei Vermögensverwaltern mit mittelständischen Strukturen“, sagt er. Er verweist auch auf die 300 Mitglieder des Verbands unabhängiger Vermögensverwalter (VuV) mit zusammen gut 250 Mrd. Euro.

Zugleich sieht Schrieber die steigenden regulatorischen Kosten. „Schaut man auf die großen Asset Manager, dann wird global klar: size counts“, betont der DJE-Vorstand. Europäische Anbieter müssten sich vergrößern, um überhaupt mitspielen zu können. In diesem Kontext nehme die sinkende Nachfrage nach aktiv gemanagten Produkten eine entscheidende Rolle ein, aber auch die Tatsache, dass sich Geschäftsfelder erweitern, etwa in Richtung Private Equity.

Preissensible Kunden

Auf der Kundenseite finde zeitgleich ein gewaltiger Vermögenstransfer statt: „Allein in Deutschland werden jährlich über 400 Mrd. Euro vererbt oder verschenkt. Die neue Generation ist preissensibel, gut informiert und erwartet digitale Dienstleistungen“, sagt Schrieber. DJE habe deshalb bereits 2017 die Online‑Plattform Solidvest gestartet. „Die Investitionskosten sind hoch und können nur von Asset Managern gestemmt werden, die über die entsprechenden Mittel verfügen.“ Auch KI und Krypto spielten eine „nicht zu unterschätzende Rolle“ in der Konsolidierung am Asset-Management-Markt.

Beratungshäuser stützen diese Diagnose. Eine aktuelle McKinsey‑Studie hält es zwar für unwahrscheinlich, dass mittelgroße deutsche Manager echte „at‑scale players“ globaler Prägung werden, sieht aber die Chance auf substantielle M&A-Schritte und klare Positionierung. „Alpha‑Orientierung“, also die Konzentration auf renditestarke Nischen, müsse mit aktivem Talent‑Management und Gen‑AI‑gestützten Portfoliotools verknüpft werden. Ebenso entscheidend sei „Kundenzentrierung“, so McKinsey, etwa durch vertriebsunterstützende Tools, die Berater entlasten und Prozesse automatisieren.

Skaleneffekte und Spezialisierung

Unter dem Strich zeigen sich drei Muster. Erstens zwingen Skaleneffekte zu immer größeren Plattformen, weil IT‑, Risiko‑ und Compliance‑Budgets für Fondsboutiquen kaum noch tragfähig sind. Zweitens dient spezialisierte Kompetenz – zum Beispiel ESG‑Infrastruktur, Wandelanleihen oder KI‑basiertes Reporting – als Türöffner in margenstarke Nischen. Und drittens erweitern grenzüberschreitende Transaktionen den Vertriebskorridor.

Die Pipeline bleibt reich gefüllt: Viele Asset Manager sondieren Übernahmeziele; potenzielle Bankfusionen wie zwischen Unicredit und Commerzbank könnten weitere Asset‑Management‑Einheiten in Bewegung setzen. Solange Kostendruck, Technologie‑Sprünge und der demografische Wandel die Branche prägen, dürfte die Fusionswelle anhalten. Die Zweiteilung der Branche in effiziente Großanbieter und Häuser mit gutem Service könnte immer klarer hervortreten.