KommentarRadikale Reformen

Mileis Kettensäge zerlegt Argentinien

Argentiniens Präsident Javier Milei muss US-Präsident Donald Trump anpumpen. Doch das dürfte ihn bei der anstehenden Wahl nicht mehr retten.

Mileis Kettensäge zerlegt Argentinien

Mythos Milei

Kettensäge zerlegt
Argentinien

Von Andreas Fink

Argentiniens Präsident Milei muss US-Präsident Trump anpumpen. Doch das dürfte ihn bei der anstehenden Wahl nicht mehr retten.

Die Hymnen auf Javier Milei sind verstummt. Nach dem Absturz des Peso und einem sprunghaften Anstieg des Risikoaufschlags musste der Präsident erneut um internationale Hilfe bitten – beim IWF und auch bei Donald Trump, den er am Dienstag in New York getroffen hatte. Begleitet wurde er von Finanzminister Scott Bessent, der erklärte, Argentinien sei ein „systemrelevanter Verbündeter“, dem man „auf jedwede Weise“ helfen werde. Das Bekenntnis wirkte sofort: Peso, Aktien und Anleihen legten zu.

Der US-Minister hatte schon im April versichert, Washington werde eingreifen, falls Mileis Reformprogramm in Gefahr gerate. Nun steht es tatsächlich unter Druck – keine fünf Wochen vor den Parlamentswahlen. Die Ursachen sind hausgemacht: Milei wirft der Opposition vor, Reformen zu blockieren und Vetos zu überstimmen. Doch er selbst hat entschieden, landesweit mit eigenen Kandidaten anzutreten – und sich damit die Unterstützung der mächtigen Gouverneure verscherzt, die 2024 noch seine Projekte durch das Parlament gebracht hatten. Diese Isolierung und die allgemeine Frustration über den harten Sparkurs manifestierten sich am 7. September, als Milei die Provinzwahl in Buenos Aires mit 14 Punkten Abstand verlor. Investoren, die bisher auf sein Programm gesetzt hatten, verloren das Vertrauen.

IWF-Kredit verspielt

Milei und Wirtschaftsminister Luis Caputo hatten alles auf ein Ziel ausgerichtet: die Inflation besiegen. Sie verknappten die Geldmenge und amnestierten Schwarzgeld. Doch der Effekt hielt nur kurz. Seit Jahresbeginn fehlen Devisen, der im April auf US-Druck bewilligte 20-Milliarden-Dollar-IWF-Kredit verpuffte. Ein Großteil der Mittel floss in die Stützung des überbewerteten Peso – was vor allem Carry-Trade-Geschäfte wohlhabender Argentinier begünstigte. Seit Jahresanfang ist die Wirtschaft nicht mehr gewachsen, die Jahresraten für Tagesanleihen sind auf 100% gestiegen bei einer Inflation von 25%, was die Konjunktur abwürgte.

Der Wahlniederlage folgte eine Flucht aus dem Peso, die anhalten dürfte. Eine völlige Freigabe des Wechselkurses wird wahrscheinlicher. Bis zum Wahltag wird Milei versuchen, mit Trumps Hilfe Stabilität zu suggerieren. Ein Wahlsieg könnte ihm Luft verschaffen, sofern er sein Ego in den Griff bekommt und die wirtschaftsfreundliche Opposition sowie die Gouverneure einbindet. Im Falle einer Niederlage droht Milei allerdings die komplette Niederlage.