KommentarMorphosys

Das Zittern geht weiter

Für die treuen Aktionäre von Morphosys dominiert die Ungewissheit. Die Studiendaten zum Krebswirkstoff Pelabresib bringen nicht den erhofften Befreiungsschlag.

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Von Joachim Herr

So eindeutig, wie es sich viele Aktionäre erhofft hatten, sind die Studiendaten von Morphosys nicht ausgefallen. Ob Pelabresib, der Wirkstoff gegen Knochenmarkkrebs, die vom Vorstand angestrebte und von den Investoren ersehnte Marktzulassung in den USA und Europa erhält, erscheint weiterhin ungewiss.

Aktionäre von Biotechnologie- und Pharmaunternehmen wetten auf den Erfolg von Medikamentenkandidaten. Forschung, Entwicklung und klinische Studien dauern Jahre. Doch zumindest ein Teil der Eigentümer von Morphosys ist offenbar mit der Geduld am Ende. In nur zehn Handelstagen hat sich der Aktienkurs nahezu halbiert.

Aktienkurs minus 90 Prozent

Den höchsten Stand hatte das seit 1999 börsennotierte Unternehmen nicht zu den Hochzeiten des Neuen Markts erreicht, sondern Anfang 2020. Seitdem ist der Kurs um fast 90% gefallen. Die vom Vorstandsvorsitzenden Jean-Paul Kress forcierte Strategieänderung hat sich bisher nicht ausgezahlt. Das ist eindeutig. Die Studiendaten für Pelabresib brachten nicht den erhofften Befreiungsschlag.

Morphosys hat mit dem Wechsel der Strategie relativ sichere Tantiemen von Lizenzpartnern wie Roche und Johnson & Johnson gegen die Chancen, aber auch Risiken der eigenständigen Entwicklung und Vermarktung von Medikamenten getauscht. Dafür ist Morphosys ein dickes Wagnis eingegangen mit dem Kauf des US-amerikanischen Unternehmens Constellation Pharmaceuticals, das Pelabresib entwickelt hat.

"Eine kalkulierte Wette"

Den Preis von 1,7 Mrd. Dollar für Constellation brachte der Käufer nur mithilfe des Finanzierungspartners Royalty Pharma auf, der seitdem einen Teil der Lizenzeinnahmen kassiert. Aus Sicht des Vorstands war es eine kalkulierte Wette. Dass die aufgeht, ist nach wie vor fraglich. Die Marktkapitalisierung von Morphosys ist auf etwas mehr als 576 Mill. Euro geschrumpft.

Daran änderte auch Monjuvi nichts. Das Medikament gegen Blutkrebs ist seit 2020 in den USA auf dem Markt. Morphosys vertreibt es dort mit dem Partner Incyte. Doch dieses Geschäft ist wegen des verschärften Wettbewerbs mühsamer als erwartet.

Auch Risiken werden nicht geteilt

Zweifellos wirkt die Strategie bestechend: Erfolgreiche eigene Entwicklungen bringen viel mehr ein als auslizenzierte Programme. Der Vorstand von Morphosys traut Pelabresib nach wie vor einen Jahresumsatz von mehr als 1 Mrd. Dollar zu. Forschung und spätere Vermarktung bleiben in diesem Modell unabhängig von Partnern, Umsätze müssen nicht geteilt werden. Aber auch die Risiken werden eben nicht geteilt. Für die treuen Aktionäre geht das Zittern weiter.

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