Pflicht und Schuldigkeit
IWF
Pflicht und Schuldigkeit
Von Mark Schrörs
Die Lage der Weltwirtschaft ist fragil. Es ist aber auch nicht alles schlecht. Die Politik ist jetzt gefragt.
Der Ton, den der Internationale Währungsfonds (IWF) anlässlich seiner Frühjahrstagung anschlägt, ist extrem düster – so mancher würde sogar alarmistisch sagen. Und tatsächlich sind weder die Lage der Weltwirtschaft noch deren Aussichten rosig. Es gibt aber sehr wohl zumindest ein paar Lichtblicke und Hoffnungsschimmer. Die gilt es bei allen berechtigten Sorgen nicht gänzlich aus dem Blick zu verlieren. Pessimismus allein, gar Schwarzmalerei, birgt die Gefahr von Fatalismus und Defätismus und/oder droht, protektionistische Tendenzen zu potenzieren. Beides gilt es um jeden Preis zu verhindern.
Natürlich ist das vom IWF für 2023 prognostizierte Wachstum von 2,8% mau. Gleichwohl gehört zur ganzen Wahrheit, dass die von vielen nach Beginn des Ukraine-Kriegs prophezeite globale Rezession bislang ausgeblieben ist. Viele Volkswirtschaften haben sich als anpassungsfähiger erwiesen als gedacht. Das macht auch für künftige Herausforderungen ein wenig Hoffnung. Und natürlich gibt es von jenen Herausforderungen, besser: Risiken, mehr als genug: der Ukraine-Krieg, die hohe Inflation, die Zinswende, die Sorgen um das Finanzsystem. Zugleich gibt es aber auch ein paar positive Entwicklungen: der deutliche Rückgang der Energiepreise, die nachlassenden Lieferkettenprobleme, die robusten Arbeitsmärkte. Genauso wenig wie Schwarzmalerei ist nun Schönfärberei angesagt. Aber auch diese Trends rechtfertigen zumindest etwas Zuversicht.
Alles entscheidend ist nun, dass sich die politisch Verantwortlichen nicht einem vermeintlich unumkehrbaren Schicksal fügen, sondern ihrer Pflicht und Schuldigkeit nachkommen: Solange keine Finanzkrise droht, müssen die Zentralbanken zumindest vorerst Kurs halten im Kampf gegen die hohe Inflation. Ohne Preisstabilität wird es kein nachhaltiges Wachstum geben. Die Fiskalpolitik muss die teils beispiellosen Maßnahmen der Kriegsjahre zurückfahren und anfangen, die vielerorts rekordhohen Schulden abzubauen. Forderungen nach neuen großen Konjunkturpaketen erscheinen aktuell schon fast absurd. Vor allem aber kommt es nun auf die zu lange stiefmütterlich behandelte Strukturpolitik an. Es braucht viel größere Anstrengungen in Sachen Strukturreformen, um das Produktivitätswachstum zu steigern und Angebotsengpässen zu begegnen.
Fast noch wichtiger ist es, dass die Staaten nun nicht ihr Heil in Protektionismus & Co. suchen. Schon jetzt machen Deglobalisierung und finanzökonomische Blockbildung die Welt als Ganzes ärmer. Leider geht die Tendenz aktuell weiter in die Richtung. Da braucht es schleunigst ein Umdenken. Sonst droht wahrlich Schlimmes.