Notiert inBerlin

Erben soll teurer werden

Die Debatte über mehr Einnahmequellen des Fiskus läuft. Eine höhere Erbschaftsteuer könnte Unternehmenserben stärker belasten.

Erben soll teurer werden

Notiert in Berlin

Erben soll teurer werden

Von Angela Wefers

Die Haushaltssorgen im Bund lassen Abgeordnete erfinderisch werden. Wer nicht sparen will, sinnt auf neue Einnahmequellen. Um eine stärkere Belastung von Vermögen und Erbschaften hat sich eine veritable Debatte entsponnen – mit offenem Ausgang. Dabei hat sich die schwarz-rote Koalition darauf verständigt, keine Steuern zu erhöhen. Vielmehr soll die Wirtschaft entlastet werden, damit in Deutschland wieder Wachstumsperspektive entsteht. Denn die fehlt, trotz anspringender Konjunktur.

Geht es nach Grünen und Linken im Bundestag, würde die Verschonungsregel für die vererbten Unternehmen fallen. Aber auch in der Regierungskoalition gibt es Befürworter. Erben müssen kaum oder keine Steuer zahlen, wenn sie das Unternehmen fortführen. Dafür gilt ein komplexes Regelwerk, etwa, dass die Firma kein Personal kürzt. Die Forderungen nach einer höheren Besteuerung stützt sich auf Gerechtigkeitslücken zwischen großen und kleinen Vermögen, aber auch auf Verteilungsargumente. Die reichsten 1% der Deutschen haben nach einer Studie des Forschungsinstituts DIW aus 2020 insgesamt mehr Vermögen als 90% der übrigen Landsleute. Eine Forderung nach stärkerem fiskalischen Zugriff ist politisch leicht durchzuhalten: Die womöglich belastete Gruppe ist klein, repräsentiert wenig Wählerstimmen und hat es schwer, gegen die Empörungsrhetorik anzukommen.

Langjährige Reformforderungen

Reformforderungen kommen auch aus der Wissenschaft. Der Beirat beim Bundesfinanzministerium regt dies für die Erbschaftssteuer schon seit mehr als zehn Jahren an: Vergünstigungen und Ausnahmen beim Betriebsvermögen führten zu Ungleichheit bei Erben mit gleichem Vermögen, ökonomischer Verzerrung, Inkonsistenzen und hohen administrativen Kosten. Auch das wirtschaftsfreundliche Ifo-Institut riet vor rund einem Jahr zu einer Reform. Bedrohliche Liquiditätsprobleme und Bestandsgefährdung könnten durch großzügige, womöglich zinslose, Stundungen abgefedert werden. Die Steuer würde nur aus dem laufenden Gewinn bezahlt. Auch der Abzug der Erbschaftsteuer als Betriebsausgabe könnte Anreiz sein, das Unternehmen fortzuführen.

Keinesfalls lösen lässt sich das fiskalische Problem Deutschlands durch eine Reform bei Unternehmenserben. Allein dem Bund fehlen 2027 rund 34 Mrd. Euro im Etat, bis 2029 sind es 177 Mrd. Euro. Aus der Erbschaftsteuer kommen jährlich rund 13 Mrd. Euro zusammen. Auf eine parlamentarische Anfrage der Grünen hat die Bundesregierung Zahlen vorgelegt: 2024 fielen 41 Schenkungen und vier Erbschaften nach der Verschonungsregelung an. Sie summierten sich auf 11,1 Mrd. Euro, erlassen wurden 3,4 Mrd. Euro. Im Jahr zuvor kam es zu 26 Fällen, in denen 2,2 Mrd. Euro Steuern erlassen wurden. Vergessen wird häufig, dass die Erbschaftsteuer den Ländern zusteht. Wer glaubt, die Länder würden bei mehr Einnahmen aus Erbschaften, Steuereinnahmen aus anderer Quelle wieder dem Bund überlassen, kennt die Länder schlecht. Sie rücken selten Geld wieder heraus, das sie einmal haben.