Parcours mit Hindernissen
Notiert in Paris
Parcours mit Hindernissen
wü Paris
von Gesche Wüpper
Pferderennen – da denken viele sofort an Ascot, das traditionsreiche Pferderennen mit seinem strengen Dresscode und den opulenten Hüten. Dabei gibt es in Frankreich weit mehr Pferderennbahnen als in Großbritannien. Kommen England, Schottland, Nordirland und Wales zusammen auf 61, zählt Frankreich 233. Die 18.000 Pferderennen, die dort stattfinden, locken jedes Jahr 2,4 Millionen Zuschauer an, im Sommer vor allem in Kur- und Badeorten wie Deauville oder Aix-les-Bains. Und die 14.000 französischen Pferdezüchter genießen weltweit einen exzellenten Ruf, genau wie die mehr als 4.000 französischen Trainer und Jockeys.
Und doch wird die Zukunft der Branche von dunklen Wolken überschattet. Sie muss sich dringend neu erfinden, wenn sie nicht den Anschluss verlieren will. Immerhin hängen von ihr insgesamt 40.000 Arbeitsplätze ab, wie die Unternehmensberatung Deloitte in einer Studie schreibt. Während es den Pferderennbahnen gelungen ist, 2024 mehr Besucher anzulocken, leiden die 14.200 französischen Wettcafés unter der Konkurrenz von Online-Sportwetten.
Explosive Stimmung
Deshalb sind die Wetteinsätze bei Frankreichs – und Europas – größtem Wettanbieter PMU (Pari Mutuel Urbain) 2024 um 2% auf 6,6 Mrd. Euro gesunken und seit Beginn des Jahres erneut um 4% zurückgegangen. Die Bruttospielerträge betrugen zuletzt 1,7 Mrd. Euro. Zusätzlich zum Schwund der Kunden erschüttert eine Führungskrise die 1930 gegründete Gesellschaft, seit Generaldirektorin Emmanuelle Malecaze-Doublet im Mai ihren Wechsel zu Galileo Global Education angekündigt hat. Einige Medien wie das Nachrichtenmagazin „Le Point“ beschreiben die Stimmung bei PMU in den letzten Monaten als explosiv.
Die Krise des Wettanbieters hat jetzt sogar die Regierung auf den Plan gerufen. Immerhin verdient der Staat mit am Wettgeschäft. Er bekommt 9% der Wetteinsätze, von denen 75% an die Spieler zurückfließen. Außerdem züchtet Premierminister François Bayrou selber Rennpferde. Er hat nun den früheren Haushaltsminister Eric Woerth beauftragt, im Rahmen des „Pacte PMU 2030“ Reformvorschläge für den Wettanbieter auszuarbeiten. Als ehemaliger Bürgermeister des auch für seine Pferderennen bekannten Städtchens Chantilly kennt sich Woerth mit dem Thema aus.
Neue Einnahmequellen gesucht
Wunsch der Regierung ist, nicht nur die Führungsstruktur des PMU und die Gesellschaftsform zu modernisieren. Er soll auch Rücklagen bilden können, anstatt wie bisher den Nettogewinn an seine Eigentümer France Galop und Le Trot zu überweisen. Die beiden Pferderenngesellschaften wiederum sollen selber den Gürtel enger schnallen und versuchen, neue Einnahmequellen zu erschließen. Noch kennt in Frankreich jeder das Kürzel des PMU. Doch die Kundschaft wird immer älter. Jüngere Franzosen wetten lieber auf andere Sportarten wie Tennis oder Fußball. Der langsame Niedergang hat mit dem Start von Online-Glücksspielen 2010 begonnen.