Im BlickfeldDebt Funds gegen Banken

Tauziehen um Private-Equity-Finanzierungen

Investmentbanker haben Debt Funds lange belächelt. Doch mit zunehmender Größe werden die Vehikel zur harten Konkurrenz im Leveraged-Finance-Geschäft - inzwischen auch bei großen Deals.

Tauziehen um Private-Equity-Finanzierungen

Tauziehen um ­ Private-Equity-Finanzierungen

Investmentbanker haben Debt Funds lange belächelt, doch mit zunehmender Fondsgröße werden sie zur harten Konkurrenz im Leveraged-Finance-Geschäft

Von Philipp Habdank, Frankfurt, und Alex Wehnert, New York
phh, xaw Frankfurt/New York

Es wäre der größte jemals über Kreditfonds finanzierte Deal gewesen: der Teilverkauf des US-Healthcare-Unternehmens Cotiviti von dem US-Finanzinvestor Veritas Capital an dessen Wettbewerber Carlyle. Die drei Debt Funds Apollo, Ares und Blackstone haben zusammen mit weiteren Kreditfonds ein 5,5 Mrd. Dollar schweres Finanzierungspaket für die mit rund 15 Mrd. Dollar bewertete Übernahme geschnürt. Medienberichten zufolge ist der Deal nun geplatzt – nicht, weil die Finanzierung gekippt wäre, sondern da sich die beiden Private-Equity-Investoren beim Preis nicht einigen konnten.

Alternative zum Kapitalmarkt

Doch auch wenn die Rekordfinanzierung nicht zustande kommen sollte, hat sie Investmentbanker zum Nachdenken gebracht. Bislang haben sie Debt Funds noch belächelt, frei nach dem Motto: Sollen die Fonds doch die kleinen mittelständischen Private-Equity-Deals finanzieren, für die großen Transaktionen braucht es die Syndizierungs-Power der Banken. „Vor rund zwei Jahren haben wir jedoch angefangen, die Debt Funds ernst zu nehmen, einfach weil sie größer wurden und auch Finanzierungen jenseits der 250 Mill. Dollar darstellen können“, sagt ein ranghoher Leveraged-Finance-Banker einer großen Investmentbank. Bei der Carlyle-Transaktion sollen mehrere Debt Funds sogar bereit gewesen sein, bis zu 1 Mrd. Dollar zu investieren.

Debt Funds können damit inzwischen Transaktionen abwickeln, die vormals fast nur über den Kapitalmarkt darstellbar waren. Dazu hat eine Bank die Übernahme zwischenfinanziert, den Kredit anschließend aber am Kapitalmarkt syndiziert, entweder über institutionelle Kapitalmarktdarlehen (Term Loan B) oder über Hochzinsanleihen. Für den Kreditnehmer besteht dabei das Risiko, dass die Kapitalmärkte zum Zeitpunkt des Deals nicht aufnahmefähig sind. Die Investmentbanken tragen das Risiko, dass in den zwei bis vier Monaten zwischen Finanzierungszusage und Syndizierung ein Ereignis eintritt, wodurch sich die Stimmung an den Kapitalmärkten eintrübt – beispielsweise eine Pandemie, der russische Angriffskrieg auf die Ukraine oder Bankenkrisen in den USA und der Schweiz.

Die Banken bleiben in diesem Fall auf den Krediten sitzen oder können diese nur mit Verlust syndizieren –so geschehen zuletzt nach der Übernahme des US-Softwareunternehmens Citrix. Goldman Sachs, Bank of America und 31 weitere Geldhäuser verkauften Anfang April Nachranganleihen der Firma im Volumen von 3,84 Mrd. Dollar. Es handelte sich um eine der letzten Tranchen, die zur Finanzierung des 16,5 Mrd. Dollar schweren Leveraged Buy-out begeben worden waren und noch auf den Büchern der Banken lagen. Die Papiere gingen zu 79 Cent auf den Dollar an den Markt, die beteiligten Investmentbanken realisierten damit Verluste von 675 Mill. Dollar – insgesamt haben sie durch die Transaktion inzwischen mehr als 1,5 Mrd. Dollar eingebüßt.

Nach Ansicht von Bill Sacher, Partner beim Assetmanager Adams Street, dürften Investmentbanken daher künftig vorsichtiger agieren, bevor sie sich als Underwriter oder Konsortialmitglied an neuen riskanten Deals beteiligten. Dies wiederum spielt Kreditfonds in die Hände. Sacher rechnet damit, dass Zahl und Umfang der via Private Credit finanzierten Deals noch deutlich anziehen und LBO-Finanzierungen über syndizierte Kredite weiter Markanteile verlieren dürften.

Debt Funds bieten gerade in Phasen von hoher Marktvolatilität Transaktionssicherheit.

Christian Schaefer, Head of Private Credit DACH, Goldman Sachs

Kreditfonds flössen seit mittlerweile fast zwei Jahrzehnten signifikante Ströme an institutionellen Mitteln zu. Das Interesse von sehr vermögenden Privatkunden sei ebenfalls stark gewachsen und werde noch zunehmen. „Die jüngsten Verwerfungen im Bankensektor sollten dazu beitragen, die Nachfrage zu festigen“, prognostiziert Sacher, der seine Karriere in den 1980er Jahren bei Bear Stearns begann, 2001 ins Assetmanagement wechselte und 14 Jahre lang als Portfoliomanager für Oaktree Capital aktiv war.

„Debt Funds bieten gerade in Phasen von hoher Marktvolatilität Transaktionssicherheit, da sie als direkte Kreditgeber auftreten und nicht von der Stimmung an den liquiden Kreditmärkten abhängig sind“, betont auch Christian Schaefer, der das Private-Credit-Geschäft von Goldman Sachs im deutschsprachigen Raum leitet. Die US-Investmentbank macht beides: Syndizierungsgeschäft und Direct Lending über eigene Debt Funds, die im Assetmanagement von Goldman angesiedelt sind. Der aktuelle Senior Direct Lending Fund ist 10 Mrd. Dollar schwer.

Auch Sacher sieht neben hohen Returns die Sicherheit der Anlageklasse als ausschlaggebenden Faktor für Investoren. So bestünden bei Private-Credit-Deals für Investoren geringere Zinsrisiken als bei herkömmlichen Beteiligungsformen, da die Darlehensbedingungen zumeist variable Raten beinhalteten. Zudem seien Assetmanager wie Adams Street häufig auf vorrangiges Fremdkapital fokussiert, womit Investoren im Fall einer Insolvenz der betroffenen Unternehmen gegenüber Nachranggläubigern und Aktionären bevorzugt behandelt würden.

Syndizierung auf dem Rückzug

„Die stark gestiegene Inflation und die Möglichkeit einer Rezession machen es für Unternehmen insgesamt schwieriger, Finanzierungen zu finden“, betont Sacher. Diese Dynamik verschiebe das Machtgefüge im Markt von den Schuldnern zu den Gläubigern. „Dies macht sich bei jeder bedeutenden Kennzahl bemerkbar, von den Renditeniveaus über die ungewichteten Eigenmittelquoten bis hin zu Maßen für Kreditbedingungen und Gläubigerrechten“, sagt der Stratege.

Es verwundert daher nicht, dass dem Datenanbieter Pitchbook zufolge seit dem Coronajahr 2020 mehr Buy-outs über Debt Funds als über Banken-Syndizierungen finanziert wurden. Im vierten Quartal des vergangenen Jahres kamen in den USA 46 Deals über Private-Credit-Finanzierungen zustande. Dem stand lediglich eine Transaktion gegenüber, die sich aus syndizierten Krediten speiste. Die Statistik berücksichtigt jedoch nicht nur den Large-, sondern auch den Mid-Cap-Markt, wo die Debt Funds schon deutlich stärker etabliert sind. Laut Pitchbook hatten Ende 2022 weltweit noch immer rund 95% aller Debt Funds ein Fondsvolumen von maximal 5 Mrd. Dollar, knapp 65% sogar weniger als 1 Mrd. Dollar.

Die stark gestiegene Inflation und die Möglichkeit einer Rezession machen es für Unternehmen insgesamt schwieriger, Finanzierungen zu finden.

Bill Sacher, Partner, Adams Street

Um im Large-Cap-Geschäft mitspielen zu können und Finanzierungen im einstelligen Milliardenbereich stemmen zu können, braucht es eine gewisse Größe, da Debt Funds ihre Risiken streuen müssen und in der Regel maximal 10% des Fondsvolumens in eine Finanzierung stecken dürfen. Bei durchschnittlich zehn Investments pro Fonds liegt die Einstiegshürde bei 8 bis 10 Mrd. Dollar. Wenngleich die Megafonds weiterhin eine Minderheit darstellen, hat ihre Bedeutung über die Jahr doch zugenommen und dürfte dies laut Analysten auch weiterhin tun. Häuser wie Ares sind ursprünglich im Mid-Cap-Markt gestartet, diesem mit aufgebautem Track Record aber längst entwachsen.

Auch wenn sich die Stimmung an den Kapitalmärkten wieder verbessert, müssen sich Investmentbanken die Frage stellen, wie sie künftig mit dem neuen Wettbewerber umgehen wollen. Einige Investmentbanken arbeiten schon an eigenen Direct-Lending-Produkten. Goldman Sachs hat den ersten Direct Lending Fund bereits 2008 aufgelegt. Morgan Stanley ist gerade dabei, Gelder für einen Direct Lending Fund einzusammeln. Im Januar 2022 hat die US-Investmentbank Mark Jochims als Head of European Credit vom Debt Fund Arcmont (ehemals Bluebay) abgeworben. Und auch J.P. Morgan Chase hat 10 Mrd. Dollar für eine Direct-Lending-Strategie bereitgestellt, wie Anfang des Jahres bekannt wurde.

Banken im Vorteil

Die Investmentbanken haben im Direct Lending zwei Vorteile: Beim Fundraising können sie auf das Private Wealth Management zurückgreifen und im Dealsourcing auf die Investmentbank. Der M&A-Berater kann dem Kunden beide Lösungen anbieten. Bei Cotiviti hat Private Debt die Muskeln spielen lassen. Doch das Large-Cap-Leveraged-Finance-Geschäft ist für Investmentbanken viel zu lukrativ, als dass sie den Kreditfonds das Feld freiwillig überlassen würden. „Investoren werden die großen Namen dieser Häuser gegen die langen Referenzlisten spezialisierter Assetmanager abwägen“, sagt Sacher. „Geschäftsbeziehungen im Markt bestehen seit Jahren, teilweise sogar seit Jahrzehnten. Dies schafft hohe Einstiegsbarrieren für neue Marktteilnehmer.“

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