Autovermieter

Pkw-Mi(e)tnahme­effekte

Der Reiseboom beschert den Autovermietern in der Hochsaison Rekordgewinne. Der Margenschub ist aber ein kurzlebiges Marktphänomen.

Pkw-Mi(e)tnahme­effekte

Das Sommerloch steht kurz bevor. In der typischen Saure-Gurken-Zeit, in der sich auch Spitzenpolitiker an den von ihnen bevorzugten Ur­laubsorten vom Arbeitsstress erholen möchten, warten Hinterbänkler des Bundestages und der Länderparlamente traditionell mit Themen auf, um in der Öffentlichkeit in den Vordergrund zu rücken. Gut möglich, dass dabei das in Zeiten hoher volkswirtschaftlicher Belastungen infolge des Ukraine-Krieges und der Pandemie populäre Sujet der „Übergewinnsteuer“ von manchem eifrigen Parlamentarier abermals aufgegriffen wird.

Dabei könnten beispielsweise Autovermieter für diese besondere Art von Zusatzabgaben an den Fiskus ins Visier genommen werden. Denn der Branche geht es trotz globaler politischer und wirtschaftlicher Verwerfungen derzeit sehr gut. Die Gewinne der Anbieter gehen durch die Decke. Nach über zwei Jahren Coronakrise befinden sich die großen Adressen vom Schlage der börsennotierten deutschen Sixt-Gruppe und des französischen Europcar-Konzerns in einer Erntezeit besonderen Ausmaßes. Sie profitieren vor allem von einem starken Tourismusgeschäft nach dem Ende harter Lockdowns in vielen Industrieländern des Westens. Der Reise-Nachholbedarf vieler Menschen scheint sehr groß zu sein.

Die günstige Lage für die Autovermieter gleicht einer Sonderkonjunktur, die von Mitnahmeeffekten auf der Angebotsseite geprägt ist. Die steigende Nachfrage trifft auf ein knapp gehaltenes Flottenangebot. Letzteres ist unter anderem das Resultat chronischer Personalengpässe, die pandemiebedingt viele Wirtschaftszweige betreffen, und angespannter Lieferketten. Darunter leiden die Autozulieferer und -hersteller. Das wiederum dämpft die Kapazitäten der Autovermieter im Flottenmanagement.

Die Folge davon ist ein Phänomen aus dem Gleichgewicht geratener Marktsegmente des breit gefächerten Dienstleistungssektors wie im Fall der Autovermieter: Trotz teils noch deutlich geringerer Pkw-Vermietflotten machen die Adressen aktuell mehr Umsatz und erzielen dabei Margen, von denen sie zuvor nur hätten träumen können. Bei einer hohen Nachfrage und zugleich geringem Angebot steigen die Preise für Mietwagen in den bei Deutschen besonders beliebten Urlaubsländern Spanien, Italien, Frankreich und den USA in Richtung des Mondes. Für Reisende jenseits des Atlantiks kommen noch ungünstige Wechselkurse hinzu. Die Abwertung des Euro gegenüber dem Dollar an den Devisenmärkten macht eine USA-Reise zu einem besonders teuren Ereignis. In der Summe haben sich die Preise für Mietwagen über alle Fahrzeugklassen hinweg im Schnitt mehr als vervierfacht im Vergleich zum Niveau vor Ausbruch von Covid-19 – also in den Jahren 2018 und 2019.

Sixt & Co. genießen derweil den Margenschub. Die Unternehmen befinden sich in Partylaune. Ihnen winken Re­kordergebnisse im laufenden dritten Quartal, dem wichtigsten Dreimonatsabschnitt im zyklischen Autovermietgeschäft. In der Hochsaison sammeln die Häuser genügend Speck an, um die saisonal schwächeren dunklen Jahreszeiten gut zu überstehen. Im laufenden Jahr werden die Anbieter ein Hoch bei den Umsatzrenditen erreichen.

Im kommenden Jahr dürfte die Margenparty aber zu Ende gehen. Denn die sich abzeichnende Rezession aufgrund der Energiekrise infolge des Ukraine-Krieges schmälert die Konsumbudgets der privaten Haushalte deutlich und damit ebenso deren Reiselust. Dieses Risiko haben die Anleger an den von einer allgemein hohen Unsicherheit geprägten Aktienmärkten antizipiert. So büßte die Stammaktie von Sixt seit Jahresbeginn ein Drittel an Wert ein.

Ungeachtet dessen besteht zudem für die Verbraucher ein Preisrisiko bei ohnehin schon fürstlich entlohnten Basisdiensten der Autovermieter. Für Extras jedweder Art werden Extratarife erhoben. Hinzu kommt, dass im ländlichen Raum die Nutzung von Mietwagen stressvoll werden kann für jene Personen, die die Sprache des Urlaubslandes nicht beherrschen. Ein Beispiel dafür ist Arcachon an der französischen Atlantikküste. Tankstellen, die von Autovermietern genutzt werden, bieten ihren Grundservice zu überhöhten Spritpreisen an in der Absicht, dass Nutzer bei Rückgabe der Mietwagen an diesen Stationen volltanken. Das beschert diesen Zusatzerlöse. Das kann man umgehen, indem man woanders preiswerter volltankt. Bei der Rückgabe sollte man dabei stets einen Beleg („ticket plein“) vorzeigen. Zum Abschied reicht die Höflichkeitsfloskel „Au revoir. Bonne journée et à bientôt.“ Ende gut, alles gut.

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