Brücke oder KrückeUkraine-Finanzierung

Quadratur des Kreises

Die EU hat sich beim „Ukraine-Bailout“ in bewährter Taktik mit einer Milchmädchenrechnung beholfen. Ein Scheitern wäre allerdings schlimmer gewesen.

Quadratur des Kreises

Ukraine-Finanzierung

Quadratur des Kreises

Von Heidi Rohde

Sage keiner, die EU sei nicht handlungsfähig! Ob Euro-Rettung, Flüchtlingskrise oder Corona-Wiederaufbaufonds, den Helden der organisierten Improvisation gelingt ein ums andere Mal die Quadratur des Kreises. No-Bailout? Dann rettet den Euro eben die EZB zusammen mit dem neu erfundenen ESM. Die Verteilung des Flüchtlingsstroms ist ein Problem? Da hilft ein Outsourcing-Deal mit der Türkei. Eine Schuldenunion ist auch in der Corona-Pandemie tabu? Naja, einen zeitlich begrenzten Fonds muss man nicht so nennen.

What ever it takes

Diesmal war das Ziel die Unterstützung der Ukraine – what ever it takes. Zugegeben, die Bedrohungslage war nicht ganz vergleichbar. Damals waren die Finanzmärkte der „Gegner“, es drohte der Zerfall der gesamten Eurozone, mit unkalkulierbaren wirtschaftlichen und sozialen Risiken. Heute ist der Gegner Russland, die Glaubwürdigkeit der EU als geopolitischer Akteur und nicht zuletzt die Fähigkeit der eigenen Verteidigung Europas stand auf dem Spiel.

Milchmädchenrechnung

Ob Europa heute implodieren würde, wie es in der Eurokrise drohte, bleibt dahin gestellt, aber fest steht dennoch, dass ein Scheitern des „Ukraine-Bailouts“ das gesamte europäische Projekt schwer beschädigt hätte. Die nun gefundene Lösung folgt dem Prinzip der bewährten Milchmädchenrechnung: die eingefrorenen russischen Assets werden nicht unmittelbar als Sicherheiten verwertet, sollen am Ende aber doch zur Tilgung eines nun beschlossenen EU-Kredits an die Ukraine irgendwie herhalten, falls Russland nach Kriegsende keine Reparationen leistet. Damit gelang es, nationale Vetos zu umgehen und das politisch und juristisch kniffelige Problem in die Zukunft zu verlagern.

Psychologie nicht zu unterschätzen

Bei aller Kritik an derlei Ausweichmanövern ist die Macht der Psychologie nicht zu unterschätzen. 2021 kaufte die EZB kaum Anleihen, allein das Versprechen beruhigte die Märkte. Auch mit Blick auf die Ukraine mag die versprochene Summe weniger entscheidend sein als das Signal an Moskau, dass Europa handelseinig werden kann, trotz aller Uneinigkeit. Glaubwürdigkeit schlägt Mechanik.

Politisch könnte die Rechnung aufgehen, finanziell wird sie allerdings wohl schiefgehen. Auch wenn Europa auf diese Weise einen Platz am Verhandlungstisch für einen Friedensschluss für sich reklamieren kann, erscheint die Nebenbedingung, dass Russland die Kriegsschuld auf sich nimmt und Reparationen an die Ukraine leistet, wenig realistisch.